DOMRADIO.DE: Die Diskussion über den Umgang mit der AfD hat gezeigt, wie unterschiedlich die Zugänge im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sind: von klarer Abgrenzung bis hin zu Gesprächsangeboten an Wählerinnen und Wähler der AfD. Wie halten Sie diese Spannung aus, und wie bleibt das ZdK dabei handlungsfähig?
Irme Stetter-Karp (Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, ZdK): Das ist nur eine winzige Momentaufnahme aus anderthalb Tagen, die Sie ansprechen. Ich hatte auf der Basis unserer grundlegenden Linie und der Beschlüsse geäußert, dass ich persönlich befremdet bin von einer Äußerung eines unserer Verbände, des Bundes Katholischer Unternehmer. Dafür habe ich im Saal großen Applaus erhalten.
Wir haben Leitlinien! Verbindlicher als in der Satzung geht es nicht. Dort ist die allgemeine Erklärung zur Unvereinbarkeit auf der Basis unserer christlichen Werte präzise festgehalten. Wir unterscheiden zwischen Bürgerinnen und Bürgern, die die AfD wählen - darunter sind auch Katholiken, dessen sind wir uns bewusst – und den Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern. Den Letzteren wollen wir keine Bühne geben. Wir laden sie folglich nicht auf Podien des Katholikentags oder zu anderen Veranstaltungen des ZdK ein. Die Ersteren wollen wir weiterhin im Gespräch überzeugen, dass diese Partei weder mit dem christlichen Glauben vereinbar ist noch Lösungen für unseren Staat bietet.
DOMRADIO.DE: Ein weiteres Thema waren die Synodalkonferenzen. Die Satzung wurde nahezu einstimmig beschlossen. Bischofskonferenz und Vatikan müssen aber noch zustimmen. Was machen Sie, wenn die Zustimmung nicht kommt?
Stetter-Karp: Wir gehen hoffnungsvoll die nächsten Schritte an. Alle Bischöfe im Synodalen Ausschuss haben der Satzung der Synodalkonferenz ihr Ja gegeben. Das ist ein Wort. In der Bischofskonferenz wird das schwer wiegen. Ich habe Vertrauen in den Prozess. Er ist in den zurückliegenden fünf Jahren gewachsen. Rom wird die Satzung zu einer "Recognitio" vorgelegt.
Es gab in der ersten Phase des Synodalen Weges manche Missverständnisse und mangelndes Vertrauen in unseren Weg. Aber Bischof Georg Bätzing und ich haben für unsere beiden Träger immer wieder betont, dass wir selbstverständlich Teil der Weltkirche sind und uns so verstehen. Zugleich wollen wir den Gläubigen in Deutschland Zeichen geben, dass wir auf den Glaubwürdigkeitsverlust durch sexuellen Missbrauch Antworten bieten und systemische Ursachen angehen. Wir sind aufgrund der Gespräche der DBK-Delegation mit den Dikasterien zuversichtlich.
DOMRADIO.DE: Welche Elemente der Synodalkonferenz sind aus Sicht des ZdK unverzichtbar?
Stetter-Karp: Das haben wir in Fulda geklärt, indem wir dort die Eckpunkte, die für uns entscheidend waren, in der Satzung alle gemeinsam festhalten konnten. Wir werden künftig gemeinsam beraten und Beschlüsse fassen. Wir haben zweitens in Artikel 7 der Satzung die Rechenschaftspflicht der Adressaten dieser Beschlüsse festgehalten.
Und wir haben eine Äquivalenz dreier Gruppen festgehalten: 27 Bischöfe, 27 gewählte Delegierte des ZdK und 27 weitere, von der Synodalversammlung zu wählende Personen, werden in der Synodalkonferenz sein. Wir sind zufrieden und gehen den Weg zuversichtlich weiter.
DOMRADIO.DE: Auch die Kirchenfinanzen waren ein Thema. Sie plädierten für mehr Transparenz und echte Mitsprache der Laien. Was versprechen Sie sich davon?
Stetter-Karp: Wir erwarten mehr Transparenz und mehr Teilhabe im Interesse der Gläubigen. Überdiözesane Aufgaben müssen besser identifiziert werden. Bischöfe sind Hirten ihrer Diözesen, aber es geht auch um Solidarität über die Bistümer hinaus.
Wir haben die Situation in den Diözesen vor Augen, in denen Gläubige seit Jahrzehnten Finanzsouveränität mittragen, wie zum Beispiel in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, wo ich wohne. Das wollen wir auf der überdiözesanen Ebene ebenfalls erreichen. Dazu wird es weitere Gespräche mit dem Verband der Diözesen Deutschlands geben. Wir haben mit einer Protokollerklärung eine tragfähige Formel gefunden.
DOMRADIO.DE: Die nächsten vier Jahre Ihrer Amtszeit sind gesichert. Was haben Sie sich vorgenommen?
Stetter-Karp: Vorweg, ich entscheide das nicht allein, sondern bin ein Teil des Präsidiums. Wir werden in den nächsten Wochen eine Klausur haben und klären, was prioritär ist und wie wir unsere Kräfte aufteilen. Wir haben mit der Synodalkonferenz eine zusätzliche Mitverantwortung, die ich sehr wichtig nehme.
Ich nenne aber schon einmal Stichworte, die für die gesellschaftspolitische Arbeit des ZdK eine Rolle spielen werden. Wir begleiten die gesellschaftlichen Transformationsprozesse in Deutschland. In diese Transformation bringen wir unsere Wertebasis als Christen und Christinnen ein. Uns geht es um die Achtung der Menschenwürde, um Nachhaltigkeit in allen Entscheidungen und um eine Politik, die Frieden und Freiheit sichert - in Deutschland, in Europa, in der Welt.
Wir leben in einer Phase großer Gefahr für Menschenwürde und Demokratie. Ich hätte vor einigen Jahren nicht geahnt, was sich in Nahost oder in der Ukraine ereignen würde – oder wie Demokratien weltweit unter Druck geraten. Wie zum Beispiel in den USA, wo ein Präsident die Demokratie mit der Brechstange bearbeitet.
Das Interview führte Maximilian C. Helmes.