Angesichts enormen Auswanderungsdrucks auf junge Christen im Libanon hofft das katholische Hilfswerk missio Aachen auf ermutigende Worte von Papst Leo XIV. "Unsere Partner berichten, dass dieses Treffen mit dem Papst für die jungen Christinnen und Christen enorm wichtig ist", berichtet Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von missio Aachen, laut Mitteilung von Donnerstag. Das geplante Treffen auf dem Platz vor dem maronitischen Patriarchat in Bkerke motiviere sie dazu, nicht zu resignieren, und bestärke sie darin, sich für die Verbesserung der Lage in ihrer Heimat einzusetzen.
Die wirtschaftliche und politische Krise im Libanon provoziere einen großen Auswanderungsdruck. Dabei sei der Libanon das letzte Land im Nahen Osten, in dem es eine starke christliche Präsenz gebe. "Diese trägt in der aktuellen Situation wesentlich zur Stabilität bei, weil kirchliche Akteure an vielen Stellen die soziale Versorgung übernehmen und dort präsent sind, wo staatliche Unterstützung fehlt", sagte Bingener.
Caritas international: Menschen brauchen Frieden
Von Donnerstag bis Dienstag absolviert Leo XIV. seine erste Auslandsreise als Papst und besucht die Türkei und den Libanon. Auch Oliver Müller, Leiter von Caritas international und im Vorstand des Deutschen Caritasverbands zuständig für Internationales, hofft auf einen positiven Impuls: "Der wirtschaftliche Niedergang mit Hyperinflation in den vergangenen Jahren, die Explosion im Beiruter Hafen im Jahr 2020, der Krieg bis November des vergangenen Jahres und die hohe Belastung durch 1,5 Millionen syrische Geflüchtete - all das hat stark an den Menschen gezehrt. Sie brauchen jetzt Zeit, um sich zu erholen."
Müller betonte, für die Menschen im Libanon sei der Papstbesuch ein wichtiges und starkes Zeichen, dass sie nicht vergessen sind. Er ergänzte: "Gleichzeitig machen wir uns erhebliche Sorgen, dass die ohnehin fragile Lage in neue Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah-Miliz eskaliert."
Trotz des Waffenstillstands sei die Lage vor Ort sehr angespannt: "Die Menschen haben Angst, dass der Krieg zurückkehrt, berichtet mir Pater Michel Abboud. Er ist der Präsident der Caritas Libanon", erklärt Oliver Müller. "Das wäre fatal, die Menschen brauchen jetzt Frieden, um die Verletzungen und Traumata der vergangenen Jahre zu verarbeiten."
Besuch im Krankenhaus von Misereor
Papst Leo wird im Libanon auch das größte psychiatrische Krankenhaus des Landes, das von Misereor unterstützt wird, besuchen. Angesichts wirtschaftlicher Not, politischer Lähmung und der akuten regionalen Konfliktlage misst Misereor dem Besuch hohe Bedeutung bei – und hofft auf klare Appelle des Papstes für Frieden, Dialog und die Wahrung der territorialen Integrität des Libanons.
"Die Franziskanerinnen vom Kreuz, die rund 800 schwer psychisch kranke Menschen im Krankenhaus betreuen, leisten Außergewöhnliches", sagt Benjamin Schwab, Länderreferent für den Libanon. "Misereor unterstützt das Krankenhaus mit einer Solaranlage – dank dieser ist es nicht mehr auf teure und umweltbelastende Dieselgeneratoren angewiesen. Die Energieversorgung ist nun stabiler – und die Klinik kann die eingesparten Kosten in die dringend benötigte medizinische Ausstattung und Versorgung der Patientinnen und Patienten investieren."
Der Besuch des Papstes in der Klinik sei zudem ein starkes Zeichen für die Schwächsten in der Gesellschaft, betont Schwab: "Gerade die von Armut betroffene Bevölkerung, alte und kranke Menschen geraten in Krisenzeiten schnell aus dem Blick. Dass der Papst bewusst dorthin geht, hat eine enorme symbolische Wirkung.“
Botschaft der Versöhnung in Nahost
Wiegandt fordert eine deutliche Ansprache der politischen Akteure: "Ich erwarte, dass der Papst die wachsende Ungleichheit und die Verarmung großer Teile der Gesellschaft thematisiert, die durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch und den Bankencrash infolge grassierender Korruption verursacht wurden."
Aufgrund der bestehenden Spannungen, betont Wiegandt zudem: "Ich setze darauf, dass Papst Leo auf die Lage der Christen eingehen wird, deren Zukunft im Nahen Osten ungewiss ist. Viele von ihnen leben mit gepackten Koffern und in ständiger Sorge um ihr Zuhause." Der Papst könne die verschiedenen politischen und religiösen Kräfte der Region daran erinnern, dass ein friedliches Miteinander der Kulturen und Religionen nur durch verantwortungsvolles Handeln möglich sei.