Christliche Tattoo-Aktion in Essen erlebt großen Andrang

Glaube geht unter die Haut

Bei der ökumenischen Aktion "Gott hautnah" in Essen können sich an diesem Samstag 30 Menschen ein kostenloses Tattoo stechen lassen. Das Interesse ist groß: Über 130 Menschen haben sich mit berührenden Geschichten beworben.

Autor/in:
Dagmar Peters
Eine Frau trägt im Nacken ein Tattoo mit der Darstellung eines Kreuzes und einem Rosenkranz / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Frau trägt im Nacken ein Tattoo mit der Darstellung eines Kreuzes und einem Rosenkranz / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: An diesem Samstag werden bei Ihrer Aktion von der Marktkirche und der Citypastoral am Essener Dom 30 Tattoos gestochen. Auf 15 Plätze konnte man sich im Vorfeld bewerben, weitere 15 werden spontan vergeben. Über 130 Menschen haben sich beworben. Was berührt Sie an diesem positiven Feedback? 

Bernd Wolharn (Domvikar am Essener Dom): Wir haben die Leute eingeladen, uns ihre Glaubensgeschichte zu erzählen, und haben dafür im Internet ein Formular geschaltet. 

Der evangelische Kollege und ich sind sehr überrascht, wie offen und ehrlich und mit welchem Tiefgang die Leute sich mit den Fragen auseinandergesetzt haben und erzählen, warum sie gerne ein Tattoo hätten und was sie damit mit ihrem Glauben verbinden. 

DOMRADIO.DE: In welcher Altersklasse oder in welchen Altersklassen sind die Menschen, die sich beworben haben?

Wolharn: Wirklich querbeet. Es haben sogar Menschen geschrieben, dass sie noch gar kein Tattoo haben, aber jetzt dankbar für diese Initiative sind. Sie schreiben: "Ich habe mich schon länger damit auseinandergesetzt. Und jetzt, wenn man so will, mit dem Segen der Kirche, mache ich es gerne." 

Es gibt viele tolle Geschichten, mit welcher Ernsthaftigkeit die Menschen sich auseinandergesetzt haben.

DOMRADIO.DE: Wie wählen Sie aus, wer ein Tattoo bekommt? 

Wolharn: Oh, das war sehr schwierig. Einige Motive sind weggefallen, weil es zu aufwendig ist, innerhalb einer halben Stunde größere Sachen zu tätowieren. Diesen Menschen konnten wir leider keinen Platz geben. Dann gab es schlicht und einfach auch Stellen, an denen wir nicht tätowieren können oder wollen. Und dann haben wir gelost.

Aber alle sind angeschrieben worden. Sie haben ihr Zeitfenster beziehungsweise dann auch die Möglichkeit, über Pop-Up dazuzukommen und zu schauen, ob sie noch die Möglichkeit haben, ein Tattoo zu bekommen. 

Bernd Wolharn

"Der christliche Glaube sucht immer wieder neue Formen des Ausdrucks."

Wir haben zwei wunderbare Tätowiererinnen, die uns das aus einer christlichen Haltung heraus angeboten haben. Sie haben sich sehr mit ihrem eigenen Glauben auseinandergesetzt und haben gesagt, sie würden die Aktion gerne mit uns machen. 

DOMRADIO.DE: Der Ansturm ist riesig, über 130 Bewerbungen. Denken Sie, dass es angesichts dieser Rückmeldungen doch noch mehr Verbundenheit zum christlichen Glauben in unserer Gesellschaft gibt, als wir denken? 

Wolharn: Zumindest glaube ich, dass der christliche Glaube immer wieder neue Formen des Ausdrucks sucht. Plötzlich fühlen sich jetzt Menschen von einem kirchlichen Angebot angesprochen, die möglicherweise sonst wenig mit der Kirche zu tun haben. 

Sie sind froh, dass wir auch diese Form des Tattoos ernst nehmen und wertschätzen und ihnen im wahrsten Sinne des Wortes einen Raum in der Kirche geben. Von daher freuen wir uns über die Rückmeldung. 

DOMRADIO.DE: Welche christlichen Symbole wünschen sich die Menschen denn zumeist?

Wolharn: Das ist mitunter sehr klassisch, also unterschiedliche Kreuze. Es gibt aber auch den Wunsch nach einem Schaf und es gibt viele Motive aus der Natur. Es gibt den Anker, um auszudrücken, woran sie ihren Glauben festmachen. Und natürlich das Herz für: "Gott ist Liebe". 

Tattoo mit einem Christus-Bild / © Stefanie Järkel (dpa)
Tattoo mit einem Christus-Bild / © Stefanie Järkel ( dpa )

Es gibt einfach schöne kleine Geschichten. Es kommt eine Mutter mit ihrem älteren Sohn. Die beiden wollen als Zeichen der Verbundenheit über ein solches Tattoo deutlich machen: "Wir sind hier im Glauben miteinander verbunden. Ich habe dich in den Sakramenten begleitet und finde das auch total schön, wenn wir das nach außen zeigen und deutlich machen: Der Glaube ist uns wichtig. Das ist nicht nur ein Schmuckstück, sondern das geht uns wirklich unter die Haut." 

So gibt es viele Geschichten, die deutlich machen: Glaube will auch nach außen hin gezeigt werden. 

DOMRADIO.DE: Die Aktion findet in der evangelischen Marktkirche statt, also an einem Ort, den viele eher mit Stille und Tradition verbinden. Was verändert sich, wenn die Marktkirche plötzlich zum Tattoo-Studio wird? 

Wolharn: Im Rahmen der ökumenischen City-Seelsorge ist das für uns ein wichtiger Ort. Sowohl der evangelische Pfarrer, als auch ich werden die Menschen begrüßen und ihnen einen Segen zusprechen. Wir wollen deutlich machen, dass wir das in der Kirche auch feiern und begehen wollen, dass das jetzt an der Stelle nicht etwas ist, das man möglicherweise im Pfarrheim hätte machen können. 

Essener Dom / © Andreas Oertzen (KNA)
Essener Dom / © Andreas Oertzen ( KNA )

Wir wollen diese christlichen Symbole auch in einer Kirche stark machen und deshalb sind wir froh, dass das so möglich ist. Es braucht natürlich die Privatsphäre, es braucht die Gerätschaften, damit wir dann tatsächlich auch dort vor Ort tätowieren können. 

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR

Die domradio- und Medienstiftung

Unterstützen Sie lebendigen katholischen Journalismus!

Mit Ihrer Spende können wir christlichen Werten eine Stimme geben, damit sie auch in einer säkulareren Gesellschaft gehört werden können. Neben journalistischen Projekten fördern wir Gottesdienstübertragungen und bauen über unsere Kanäle eine christliche Community auf. Unterstützen Sie DOMRADIO.DE und helfen Sie uns, hochwertigen und lebendigen katholischen Journalismus für alle zugänglich zu machen!

Hier geht es zur Stiftung!