Bischof und Rabbiner warnen vor Antisemitismus

Es brauche "gemeinsame Signale"

Hass von rechts und links: Bischof Ulrich Neymeyr und Rabbiner Julian-Chaim Soussan warnen vor Antisemitismus aus verschiedenen Richtungen und sagen ihm gemeinsam den Kampf an. Was überrascht den Rabbiner im Miteinander mit der Kirche?

Eine schmutzige Kippa liegt in einer Pfütze / © Harald Oppitz (KNA)
Eine schmutzige Kippa liegt in einer Pfütze / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Bekämpfung des zunehmenden Judenhasses in Deutschland sehen der katholische Bischof Ulrich Neymeyr und der orthodoxe Rabbiner Julian-Chaim Soussan als gemeinsame Herausforderung.

"Wir haben hierzulande eine für Juden unheilvolle Verbindung von islamistisch motiviertem Antisemitismus und nationalsozialistisch beziehungsweise rechtsextrem motiviertem Antisemitismus", sagte Neymeyr, in der Deutschen Bischofskonferenz zuständig für den Dialog mit dem Judentum, im Doppelinterview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Es ist unglaublich, fast unvorstellbar und alarmierend, was zurzeit auch in Deutschland antisemitisch geschieht." 

Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf ( KNA )

Soussan, Mitglied im Vorstandsbeirat der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland, ergänzte: "Es ist unglaublich wichtig, dass wir gemeinsam Signale setzen gegen die Extreme in unserer Gesellschaft und für Demokratie und Toleranz, gerade auch mit Blick auf die kommenden Wahlen." 

Man müsse dabei auch den linken Antisemitismus sehen und "vor allen Dingen den salonfähig gemachten intellektuellen Antisemitismus im Gewand von Anti-Israelismus". Juden in Deutschland hätten derzeit das Gefühl, der Hass komme von allen Seiten.

Solidarität der Bischöfe

Julian-Chaim Soussan / © Rafael Herrlich (privat)
Julian-Chaim Soussan / © Rafael Herrlich ( privat )

Der Frankfurter Rabbiner erklärte, hier seien die Statements der Deutschen Bischofskonferenz in ihrer Klarheit immer wieder "ein wichtiger Teil der Vertrauensbestätigung". Zum zweiten Jahrestag des Massakers der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober 2023 hätten die Bischöfe eine lange Stellungnahme veröffentlicht, "die im Gegensatz zu vielen relativierenden Stellungnahmen von anderen Seiten sehr ausgewogen und differenziert ist, aber auch klare Solidarität signalisiert: mit den Juden, die deshalb Antisemitismus zu erleiden haben, und mit Israel - ohne das Leid der Palästinenser aus dem Blick zu verlieren".

Jährlich gibt es ein traditionelles Dialogtreffen der Rabbiner-Konferenzen mit der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland, bei dem man sich über ethische und gesellschaftspolitische Themen austauscht. 

"Ich stelle dabei immer wieder erstaunt fest, dass wir häufig als orthodoxe Rabbiner mehr Gemeinsamkeiten mit den katholischen Bischöfen haben als mit den nicht-orthodoxen Rabbinern", sagte Soussan. Man teile einen gemeinsamen Wertekanon, etwa mit Blick auf Familie.

Antisemitismus

Antisemitismus nennt man die offen propagierte Abneigung und Feindschaft gegenüber Juden als Volksgruppe oder als Religionsgemeinschaft. Der Begriff wird seit dem 19. Jahrhundert gebraucht, oft als Synonym für eine allgemeine Judenfeindlichkeit. Im Mittelalter wurden Juden für den Kreuzestod Jesu verantwortlich gemacht und als "Gottesmörder" beschuldigt. Während der Kreuzzüge entlud sich die Feindschaft in mörderischen Ausschreitungen, Vertreibungen und Zwangsbekehrungen.

Teilnehmende einer Demonstration zur Solidarität mit Israel / © Michael Kappeler (dpa)
Teilnehmende einer Demonstration zur Solidarität mit Israel / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
KNA