"Sollte eine ernstgemeinte Diskussion darüber entbrennen, ob nachgewiesen wirksame Behandlungsmethoden und Medikationen nur noch mit Altersgrenze zum Einsatz kommen, dann wird das hoffentlich auf breites Unverständnis und Ablehnung treffen", sagte der Kölner Erzbischof der "Kölnischen Rundschau" am Samstag. "Ältere und schwächere Menschen verdienen unseren besonderen Schutz - einschließlich einer flächendeckenden und verlässlich finanzierten Hospiz- und Palliativversorgung."
Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, wandte sich gegen Äußerungen des CDU-Gesundheitspolitikers Hendrik Streeck. "Es ist ethisch nicht vertretbar, den Zugang zur besten medizinischen Versorgung an das Alter zu knüpfen", sagte er auf Anfrage der Rundschau: "Ich halte solche Überlegungen für altersdiskriminierend und brandgefährlich. Denn es öffnet Tür und Tor für völlige Willkür."
Latzel: Alter darf nicht entscheidend sein
Wenn jemand wegen seines Alters bestimmte Behandlungen versagt bekomme, könnten auch anderen Betroffenen aus diversen Gründen Teile der Versorgung gestrichen werden, fügte Latzel hinzu. "Wir brauchen eine notwendige Reform des Gesundheitssystems in Deutschland. Sie darf aber nicht durch eine Aufgabe grundlegender ethischer Maßstäbe geschehen." Er unterstelle Streeck keine böse Absicht, aber die Politik müsse sich an klaren ethischen Leitlinien orientieren, wobei medizinische Indikation und Patientenwille im Vordergrund zu stehen hätten.
Streeck, der auch Drogenbeauftragter der Bundesregierung ist, hatte in einem TV-Gespräch erklärt, es gebe Phasen im Leben, "wo man bestimmte Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte". Bei fortgeschrittenen Krebs-Erkrankungen sei es fraglich, ob man Erkenntnisse neuester Studien bei Hundertjährigen anwenden solle, wenn die Sterblichkeit dadurch um zehn Prozent reduziert werden könne. Am Samstag präzisierte der CDU-Politiker, es gehe ihm nicht um das Sparen, sondern darum, schwerstkranken Patienten unnötige Behandlungen zu ersparen.