Gleichzeitige Zugehörigkeit bei Kolping und der AfD ist unvereinbar

"Wir müssen konsequent sein"

Eine Mitgliedschaft in der AfD ist nicht mehr vereinbar mit einer Zugehörigkeit bei Kolping Deutschland. Das hat der katholische Sozialverband mit seinen 200.000 Mitgliedern auf seiner Bundesversammlung beschlossen. Rumort es nun?

Autor/in:
Johannes Schröer
Jubiläum Kolping (Kolping)

DOMRADIO.DE: Wie waren denn die ersten Reaktionen auf diesen Beschluss, besonders auch aus den Reihen Ihrer Mitglieder? 

Christoph Nösser (Pressesprecher von Kolping Deutschland): Zunächst einmal möchte ich sagen, dass diese Bundesversammlung sich aus ganz vielen Delegierten aus ganz Deutschland zusammensetzt. Das heißt, wir haben aus der Mitgliedschaft eine ganz breite Legitimation für die Entscheidungen, die wir getroffen haben. 

Wir haben, das kann man über die sozialen Netzwerke von uns verfolgen, eine sehr, sehr breite Zustimmung aus unserer Mitgliederschaft. Ich will aber auch nicht verhehlen, dass es durchaus kritische Reaktionen gibt, die aber sehr vereinzelt sind. Die Zahl der Mitglieder, die sich abmelden wollen, sind im einstelligen Bereich. 

Christoph Nösser

"Wir wollen uns ganz klar in der Öffentlichkeit positionieren und gegen alle Extremismen in der Gesellschaft zur Wehr setzen."

DOMRADIO.DE: Warum haben Sie diesen Schritt gewählt, der Sie ja auch, wie Sie gerade gesagt haben, zu einem einstelligen Bereich Mitglieder gekostet hat? 

Nösser: Wir haben seit längerer Zeit schon den Eindruck, dass die Demokratie in Deutschland nicht mehr so selbstverständlich ist, wie das mal gewesen ist. Und wir machen uns Sorgen um den Erhalt der Gesellschaft. Das ist der Grund, warum wir gesagt haben, wir wollen uns ganz klar in der Öffentlichkeit positionieren und gegen alle Extremismen in der Gesellschaft zur Wehr setzen. 

Das haben wir bei uns im Leitbild vor zwei Jahren beschlossen. Dann müssen wir auch konsequent sein und zu dieser Konsequenz gehört eben auch, dass wir sagen: Menschen, die die Auffassung dieses Verbandes nicht teilen, müssen auch nicht bei uns Mitglied sein. 

DOMRADIO.DE: Aber ist es dann die Aufgabe einer kirchlichen Organisation, sich so klar politisch einzumischen? Schließlich ist die AfD eine demokratisch gewählte Partei, die nicht verboten ist. 

Porträt von Adolph Kolping, Gründer des Kolpingwerks / © Jörg Loeffke (KNA)
Porträt von Adolph Kolping, Gründer des Kolpingwerks / © Jörg Loeffke ( KNA )

Nösser: Da ist unsere Haltung ganz klar. Wir haben das Recht, uns als Sozialverband an der öffentlichen Diskussion über politische Themen zu beteiligen. Das tun wir auch. 

Damit befinden wir uns in Übereinstimmung mit unserem Verbandsgründer Adolph Kolping, der ja auch ein sehr praktischer Mensch gewesen ist, mit beiden Beinen im Leben stand und seine Mitglieder aufgefordert hat, sich aktiv in der Politik zu beteiligen und mit anzupacken, wenn es darum geht, Gesellschaft voranzubringen. 

DOMRADIO.DE: Wie lässt sich diese Maßnahme denn überhaupt umsetzen? Wie wollen Sie denn erfahren, wer unter Ihren Mitgliedern AfD-Parteimitglied ist? 

Nösser: Wir werden keine Stasi-Methoden ergreifen und herausfinden, wer jetzt in der AfD Mitglied ist. Darum geht es auch gar nicht. Vielmehr geht es darum, dass die Menschen, die sich in Wort und Tat nach außen hin zu den undemokratischen und verfassungswidrigen Zielen der AfD bekennen, für unseren Verband als Mitglieder rufschädigend sind. Wenn uns das zur Kenntnis kommt, dass sich jemand öffentlich so positioniert, dann werden wir entsprechende Maßnahmen ergreifen. 

Christoph Nösser

"Nicht wir grenzen die AfD aus, sondern die AfD grenzt ganz bewusst Menschen aus der Gesellschaft aus."

DOMRADIO.DE: Es gibt aber auch einige, die sagen, wenn AfD-Mitglieder so eindeutig ausgeschlossen werden, dann flüchten sie noch extremer in ihre rechte Bubble und sind gar nicht mehr zu erreichen. Was sagen Sie dazu? 

Nösser: Das ist ein Argument, das schon seit langer Zeit kommt. Es wird immer gesagt: "Ihr grenzt uns aus". Darin sehe ich eine Umkehr von Täter und Opfer. Nicht wir grenzen die AfD aus, sondern die AfD grenzt ganz bewusst Menschen aus der Gesellschaft aus. Da spielen wir nicht mit. 

DOMRADIO.DE: Was raten Sie denn Ihren Mitgliedern, wenn sie in Gesprächen feststellen, dass jemand mit der AfD sympathisiert? Sie haben ja auch bereits eine Handreichung herausgegeben. 

Nösser: Das ist richtig. Wir haben 2019 schon eine Handreichung zu dem Thema "AfD ist keine Alternative für Deutschland" herausgegeben und haben damals schon Vorschläge gemacht, wie unsere Mitglieder an der Basis, also in den Kolping-Familien, mit AfD-Mitgliedern und in Diskussionen umgehen können. 

Männer und Frauen tragen Fahnen verschiedener Kolpingfamilien / © Julia Steinbrecht (KNA)
Männer und Frauen tragen Fahnen verschiedener Kolpingfamilien / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Wir versuchen natürlich, zu einem Gespräch anzuregen. Man muss ja als AfD-Mitglied nicht unbedingt bei Kolping austreten, sondern man kann ja auch als Kolping-Mitglied bei der AfD austreten. Das heißt also, wenn die Mitglieder sich aufgrund der Diskussion über unsere Grundwerte dazu entscheiden, dass sie doch eher auf einem christlichen und demokratischen Menschenbild fußen, dann soll uns das nur recht sein. 

DOMRADIO.DE: Wie wichtig kann Kolping Deutschland in Zukunft sein, um die Demokratie in Deutschland zu festigen? 

Nösser: Wir haben damit angefangen, vor allen Dingen vor den letzten Landtagswahlen und der Europawahl, dass wir uns ganz intensiv unter dem Motto "Zusammen Demokratie stärken" dafür einsetzen, dass die Menschen in Deutschland sich bewusst machen, wie gefährdet die Demokratie ist. 

Aber wir haben natürlich auch viele Mitglieder in unseren Reihen, die sich in gesellschaftlichen Organisationen engagieren, etwa in der sozialen Selbstverwaltung. Dort sind wir sehr gut mit gesellschaftlichen Einrichtungen vernetzt und geben da letztendlich auch unsere Vorstellungen und unsere Werte gerne weiter. 

Das Interview führte Johannes Schröer. 

Kolping Deutschland

Kolping Deutschland ist ein katholischer Sozialverband mit bundesweit rund 200.000 Mitgliedern in 2.100 Kolpingsfamilien, davon etwa 34.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Bereich der Kolpingjugend (Zahlen Stand: Dezember 2024). Es ist Teil von KOLPING INTERNATIONAL und KOLPING Europa.

Seit 1966 werden in den Verband auch Frauen aufgenommen. Mittlerweile beträgt der Frauenanteil im Gesamtverband 43 Prozent. Bei der Kolpingjugend sind es 51 Prozent.

Jubiläum Kolping (Kolping)
Quelle:
DR

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