Erster Einlass: 6:30 Uhr. Für den Bereich "Front of Stage" gab es Tickets für 39 Euro, andere Zutrittskarten zur traditionellen Sessionseröffnung des Kölner Karnevals auf dem Heumarkt zum Preis von 11,11 Euro. Veranstalter ist die Willi Ostermann Gesellschaft Köln 1967 e.V., traditionell spielen viele Kölsche Bands von Rang und Namen, der Countdown wird gezählt und natürlich ist es der erste große Auftritt des designierten Kölner Dreigestirns.
In den Ornaten der offiziellen Repräsentanten des Kölner Karneval stecken jedes Jahr andere Männer, in diesem Jahr kommen Prinz, Bauer und Jungfrau aus dem Traditionscorps der Prinzen-Garde Köln 1906 e.V.. Das ist die einzige Karnevalsgesellschaft, die neben dem sogenannten Feldkaplan (Regimentspfarrer) auch einen Regimentsbischof hat – den gebürtigen Düsseldorfer, ehemaligen Kölner Weihbischof und aktuellen Erzbischof von Berlin - Heiner Koch.
Ein Dreigestirn aus den eigenen Reihen
"Als Begleitgarde des Prinzen sind wir dem Dreigestirn natürlich sowieso immer eng verbunden. Aber dass es jetzt drei aus der eigenen Gesellschaft sind, das ist schon was Besonderes!" sagt Koch. Auch wenn er den designierten Kölner "Prinz Niklas I." Niklas Jüngling, den designierten Kölner "Bauer Clemens" Clemens von Blanckart und die designierte Kölner "Jungfrau Aenne", Stefan Blatt persönlich noch nicht besonders gut kennt – getroffen haben sie sich unter anderem beim Regimentsgottesdienst. Zu dem kommt Koch nämlich jedes Jahr nach Köln.
Unerwartete Berufung als Regimentsbischof
An sein Amt als Regimentsbischof ist er 2007 sehr plötzlich gekommen. Damals konnte der Regimentspfarrer (so einen hat jedes Traditionskorps im Kölner Karneval) nicht mehr alle seine Aufgaben wahrnehmen. Koch sprang ihm zur Seite, es ging gerade um ein Jubiläum der Prinzengarde, und wurde plötzlich zum Regimentsbischof.
"Die Prinzengarde zog damals zur Karnevalssitzung ins Maternushaus des Generalvikariates, dann wurde ich auf die Bühne gebeten und da wurde verkündet, dass ich der neue Regimentsbischof war. Vorher gesprochen hatte keiner mit mir," lacht Heiner Koch, der das ganz wunderbar fand. Seither, sagt der Mann, der unter anderem zu vielen karnevalistischen Gottesdiensten im Dom nach Köln kommt, habe er eine enge Beziehung zu vielen Menschen aus der Garde. Erstaunt ist er selber darüber, wie er als Geistlicher doch zu vielen Fragen hinzugezogen wird.
Karneval in Berlin
Diese herzliche Verbundenheit spürt er auch in der Hauptstadt – wo das mit dem Karneval doch sehr viel kleiner gefahren wird als im Rheinland. "Wir haben hier aber auch einen kleinen Stammtisch der Berliner Prinzengarde, das heißt, der Prinzengarde-Mitglieder Köln, die in Berlin arbeiten. Das sind im politischen Bereich doch eine ganze Reihe."
Ob er nun in dieser kommenden Session – die Prinzengarde feiert 120 jähriges Jubiläum und das Dreigestirn kommt aus der eigenen Gesellschaft - öfter nach Köln kommt, weiß er noch nicht. Er sagt: "Ich bin auch mit Berlin verbunden – auch im Karneval. Und die, die das in Brandenburg oder in Berlin oder in Vorpommern feiern, die brauchen auch einen, der sie unterstützt. Denn das hält auch dort Gemeinschaft und Menschen zusammen, gerade in der Einsamkeit, durch eine große Stadt."
Ehrenamt als Herzstück des Kölner Karnevals
Ehrenamt ist ein gutes Stichwort auch für den Kölner Fasteleer, wo man seit heute 11.11 Uhr wieder "Kölle Alaaf" rufen darf. Denn um genau zu sein ruft man jetzt: "Alaaf – mer dun et för Kölle". So heißt das Motto 2026. Damit will man das Ehrenamt (nicht nur im Karneval) in den Mittelpunkt rücken.
Eine großartige Idee, findet der Regimentsbischof aus der karnevalistischen Diaspora. "Es darf nicht sein, dass das Ganze nur deshalb existiert, weil es professionalisiert ist. Ohne das Herz der Ehrenamtlichen, die es unter manchmal schwierigen Bedingungen tragen, ohne die Menschen, die verlässlich und treu dazu stehen, verliert der Karneval seine Bedeutung. Nicht nur während der Karnevalstage, sondern das ganze Jahr über", sagt Koch. Und er fügt hinzu, dass der Karneval davon lebe, eine Bürgerbewegung, eine Menschenbewegungen zu sein – das Ganze Jahr über. "Das geht nur ehrenamtlich. Das ist die eigentliche Lebenshilfe. Ich bin sehr froh über dieses Motto."
Die Prinzenproklamation – DAS gesellschaftliche Event in Köln – ist am 10. Januar 2026 im Gürzenich. Bei der wird der Regimentsbischof dieses Mal höchstwahrscheinlich dabei sein, beim Regimentsgottesdienst sowieso. Und für die Zeit, in der aus Niklas Jüngling, Clemens von Blanckart und Stefan Blatt "Prinz Niklas, Bauer Clemens und Jungfrau Aenne" werden, gibt der Bischof ihnen als guten Gedanken mit auf den Weg: "Versuchen Sie viel Freude zu schenken und machen Sie es so, wie Sie es als Persönlichkeit können. Versuchen Sie nicht zu schauspielern oder irgendwas zu inszenieren. Sie müssen nur Sie selbst sein und Freude teilen. Freude wächst, je mehr man sie teilt. Das haben fast alle Dreigestirne so erlebt."