Präsident des Zentralrats der Juden sieht AfD-Umfragewerte als Weckruf

"In dieser Partei haben Antisemiten ihre Heimat gefunden"

2026 wählen die Menschen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Landtag. Was eine mögliche AfD-Regierungsbeteiligung für jüdisches Leben bedeuten könnte, sagt der Präsident des Zentralrats der Juden.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. / © Kay Nietfeld (dpa)
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. / © Kay Nietfeld ( dpa )

Hohe AfD-Umfragewerte vor den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im kommenden Jahr müssen nach Worten des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland als Weckruf verstanden werden.

"Ich betrachte diese Entwicklung mit großer Sorge. Umfragewerte, die sich teilweise jenseits der 40-Prozent-Marke bewegen, müssen für jeden Demokraten ein Weckruf sein. Wir haben es hier ganz offensichtlich nicht mit einer vorübergehenden Erscheinung zu tun", sagte Josef Schuster der "Jüdischen Allgemeinen".

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, l) und Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sitzen beim Rosch-Haschana-Empfang (Neujahrsempfang) zum 75. Jubiläum des Zentralrats der Juden in Deutschland im Jüdischen Museum in der ersten Reihe / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, l) und Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sitzen beim Rosch-Haschana-Empfang (Neujahrsempfang) zum 75. Jubiläum des Zentralrats der Juden in Deutschland im Jüdischen Museum in der ersten Reihe / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

AfD in Teilen gesichert rechtsextrem

Sollte die AfD an der Regierung beteiligt sein oder sie sogar führen, wäre das nach Einschätzung Schusters eine echte Gefahr für jüdisches Leben. "In dieser Partei haben Antisemiten und Rechtsextreme ihre Heimat gefunden. Äußerungen zum Schutz jüdischen Lebens kommen von dieser Partei ausschließlich, um den eigenen Ressentiments gegen Muslime Ausdruck zu verleihen, um islamfeindliche Positionen moralisch zu legitimieren - nicht aus ehrlicher Sorge um Jüdinnen und Juden." Die Partei ist vom Verfassungsschutz in Teilen als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Schuster fordert ein Umsteuern: Die demokratischen Parteien müssten sich auf eine "konstruktive Zusammenarbeit" zur Lösung gesellschaftlicher Probleme konzentrieren. "Nur wenn sie konkrete Antworten auf die drängenden gesellschaftlichen Probleme finden - anstatt ständig über die AfD zu reden -, kann es gelingen, deren Zulauf nachhaltig zu verringern." Insgesamt müsse der Kompromiss wieder als etwas Positives gelten.

Zentralrat der Juden

Der Zentralrat der Juden ist die Spitzenorganisation der jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik. Unter seinem Dach sind 23 Landesverbände mit 105 Gemeinden und ihren rund 100.000 Mitgliedern organisiert. Der Rat wurde 1950 in Frankfurt am Main gegründet. Damals lebten noch etwa 15.000 Juden in Deutschland. Vor dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust waren es bis zu 600.000.

Zentralrat der Juden in Deutschland vergibt Leo-Baeck-Preis / © Christian Ditsch (epd)
Zentralrat der Juden in Deutschland vergibt Leo-Baeck-Preis / © Christian Ditsch ( epd )
Quelle:
KNA