Kritik an Kirchenverantwortlichen, neue Zahlen, aber auch Lob für Fortschritte: Am Donnerstag wurden zwei neue und mit Spannung erwartete Untersuchungen zu Missbrauch in der katholischen Kirche veröffentlicht. Dabei ging es nicht um längst verstorbene, sondern um insgesamt vier noch im Amt befindliche Ortsbischöfe, darunter der aktuelle Vorsitzende der Bischofskonferenz und sein Vorgänger.
In Trier haben Historiker vor allem den Umgang des seit 2009 amtierenden Bischofs Stephan Ackermann und seines Vorgängers Reinhard Marx (2002-2008), heute Kardinal und Erzbischof von München und Freising, mit sexualisierter Gewalt untersucht. Beide Bischöfe hätten nicht alles getan, um Missbrauchsfälle transparent aufzuklären, heißt es. Kritisiert wurde auch, dass man sich viel zu wenig um die Opfer gekümmert habe. Inzwischen sei aber - insbesondere seit Ackermanns Amtsübernahme - vieles deutlich besser und professioneller geworden.
Bischöfe räumen Fehler ein
Marx und Ackermann, der von 2010 bis 2022 auch Missbrauchsbeauftragter der Bischofskonferenz war, räumten Fehler ein und baten die Betroffenen um Verzeihung. Es schmerze ihn, "nicht allen Menschen gerecht geworden zu sein, die meiner bischöflichen Sorge anvertraut waren", erklärte Marx. Und Ackermann betonte: "Wir müssen uns sagen lassen, dass die nötige Perspektive der Betroffenenorientierung bis in die jüngste Zeit nicht immer konsequent eingehalten worden ist."
Auch der aktuelle Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz kommt in dem Bericht vor: Georg Bätzing war von 2012 bis 2016 Generalvikar in Trier, bevor er Bischof von Limburg wurde. Er sei in sechs Fällen einbezogen worden, heißt es im Bericht - und zwar "in der im Vergleich ruhigeren Phase der Aufarbeitung". In Bätzings Zeit sei "eine erste, noch nicht institutionalisierte Form des Krisenstabes" eingerichtet worden, der sich jedoch nur bei Bedarf getroffen habe.
Fortschritte im Bistum Augsburg
In Augsburg kommt eine neue Studie der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs zum Ergebnis, dass die Bistumsleitung mit mehr als jedem dritten Missbrauchsfall seit 1948 unangemessen umgegangen sei. In den letzten 20 Jahren habe es aber Fortschritte gegeben, und seit dem Amtsantritt des aktuellen Bischofs Bertram Meier 2020 habe man kein unangemessenes Verhalten mehr festgestellt.
Meier betonte, das Leid Betroffener könne durch nichts behoben werden. Missbrauch sei ein Dauerthema: "Da dürfen wir uns nicht zur Ruhe setzen." Er wolle allen Betroffenen sagen, "wie tief ich die Schuld empfinde, in der die Kirche Ihnen gegenübersteht, und wie sehr ich Ihr Schicksal bedauere".
Was sagt die Missbrauchsbeauftragte?
Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, lobte die Studien als wichtigen Schritt, um aus den Taten der Vergangenheit zu lernen und Gemeinden dazu zu bringen, Prävention, Intervention und Aufarbeitung als "selbstverständlichen Teil auch der gemeindlichen Arbeit vor Ort zu sehen".
Im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) kritisierte sie zugleich, dass es weiterhin Mängel in der kirchlichen Missbrauchsaufarbeitung gebe. Nötig sei vor allem mehr Transparenz und umfassende Informationen, insbesondere für die Opfer und die betroffenen Gemeinden.