Warum das Verhältnis vom Vatikan zu Großbritannien schwierig war

"Besondere Form neuer Liebe"

Seit dem Besuch von Charles III. beim Papst scheint das Verhältnis zwischen dem Vatikan und Großbritannien so gut wie lange nicht zu sein. Ulrich Nersinger erklärt, wie es zum Bruch kam und seit wann die Verbindung besser wurde.

Autor/in:
Hilde Regeniter
König Charles III. wird von Papst Leo XIV. bei einem Treffen im Vatikan während eines Staatsbesuchs begrüßt / © Simone Risoluti//Vatican Media via PA Media (dpa)
König Charles III. wird von Papst Leo XIV. bei einem Treffen im Vatikan während eines Staatsbesuchs begrüßt / © Simone Risoluti//Vatican Media via PA Media ( dpa )

DOMRADIO.DE: Einst war auch das britische Königshaus katholisch, bis sich im 16. Jahrhundert die anglikanische Kirche abgespalten hat. Wie kam das? 

Vatikanexperte und Buchautor Ulrich Nersinger. (EWTN)
Vatikanexperte und Buchautor Ulrich Nersinger. / ( EWTN )

Ulrich Nersinger (Journalist und Vatikan-Experte): Der katholische Monarch Heinrich VIII. war ursprünglich dem Papst sehr verbunden. Er hatte zum Beispiel eine sehr flammende Schrift gegen Martin Luther verfasst und ist vom Papst mit vielen Ehrengeschenken bedacht worden. 

Aber dann kam die Liebe dazu, oder sagen wir mal eine "besondere Form neuer Liebe": Heinrich VIII. wollte sich scheiden lassen. Das wiederum hatte der Heilige Vater aber nicht erlaubt, auch eine angeblich falsche Heiratsbedingung wurde nicht anerkannt und so kam es zum Bruch. Natürlich waren noch andere Gründe dafür ausschlaggebend, denn man war auch auf die Güter der Kirche gierig gewesen.

DOMRADIO.DE: Und das war wirklich ein schwerwiegender Bruch. Was waren die denkwürdigsten Begegnungen des englischen Königshauses mit dem Heiligen Vater im letzten Jahrhundert? 

Nersinger: Lange Zeit kam kein Monarch nach Rom, weil noch hinzukam, dass der Papst von 1870 bis 1929 über keinen eigenen Staat verfügte. So sind Besuche in dieser Zeit nicht als Staatsbesuche zu werten, sondern einfach als Privatbesuche. 

Der erste Staatsbesuch war im Grunde 1951, als die damalige Kronprinzessin Elisabeth Papst Pius XII. aufsuchte. Und dann ist die Königin mit jedem Heiligen Vater zusammengetroffen, außer mit Johannes Paul I., der ja nur ein kurzes Pontifikat hatte. 

DOMRADIO.DE: Wer unter Päpsten und Königen hat sich denn besonders gut miteinander verstanden? 

Ulrich Nersinger

"Queen Elizabeth II. war auch sehr religiös eingestellt."

Nersinger: Ich denke, das war bestimmt auch Queen Elisabeth II. Die häufigen Besuche bei den Päpsten zeigen ja auch ihr großes Interesse und sie war darüber hinaus sehr religiös eingestellt. 

DOMRADIO.DE: Und es gab nicht nur Besuche von englischen Monarchen im Vatikan. Es gab auch Besuche aus dem Vatikan in Großbritannien. Eine Krönung im englischen Königshaus ist eine hochfeierliche Angelegenheit. Und da gingen auch Einladungen in den Vatikan, aber der Papst kam nicht selbst. Was war da los? 

Nersinger: Ich habe die Quellen konsultiert und da sehen wir, dass bei einer ganzen Reihe von englischen Königinnen oder Königen durchaus der Vatikan präsent war, zum Beispiel bei der Krönung von Queen Victoria oder ihren Nachfolgern war immer eine päpstliche Gesandtschaft nach London geschickt worden, eine hochrangige Gesandtschaft mit einem päpstlichen Legaten, begleitet von einem Nobelgardisten und päpstlichen Kammerherrn aus der direkten Umgebung des Papstes. Sie nahmen aber kurioserweise nicht an der Krönung selber teil, sondern dann an einem Gottesdienst in Westminster Cathedral, also in der katholischen Kirche, das war eben noch durch die religiösen Gegebenheiten bedingt. 

Und dennoch war der Vatikan präsent, wie umgekehrt auch. Wenn die Päpste gekrönt wurden, dann schickte das englische Königshaus in der Regel den Herzog von Norfolk einen der ranghöchsten englischen Herzöge und Haupt der bedeutendsten katholischen Adels-Familie Englands. 

DOMRADIO.DE: Welche Päpste waren denn im vergangenen Jahrhundert persönlich zu Besuch in Großbritannien? 

Ulrich Nersinger

"Man wollte vermittelnd helfen, aber keinen bevorzugen."

Nersinger: Das waren Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Bei Johannes Paul II. war es eine Besonderheit, das fiel genau in die Zeit des Falklandkrieges. Und man wollte damals diesen Besuch auf keinen Fall absagen und hat dann zwei Entscheidungen getroffen. Erstens, dass das militärische Zeremoniell bei diesem Besuch reduziert wurde und dass der Papst nicht nur England besuchte, sondern auch Argentinien. Also man hat auch gezeigt, dass man vermittelnd helfen wollte, dass man keinen bevorzugen wollte. Aber es war doch ein sehr eindrucksvoller Besuch des Papstes in Großbritannien. 

DOMRADIO.DE: Papst Leo XIV., der hat sich ja jetzt beim Staatsbesuch mit König Charles III. außerordentlich gut verstanden. Glauben Sie, dass er den König auch mal in Großbritannien besuchen wird? 

Nersinger: Das wäre eigentlich wünschenswert, das wäre schön, aber wenn wir uns das ungeheure Arbeitspensum des Heiligen Vaters anschauen, da denke ich, sind erst noch ein paar andere Termine, auch andere Auslandsreisen angesagt. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR

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