"Können wir da echt unten durch?", fragt Nina Valerien. "Ja, komm, einfach machen", antwortet ihr Ehemann Daniel. Er zieht das gelb-schwarze Absperrband nach oben und Nina schlüpft mit dem Kopf voraus hindurch. Daniel lässt das Band los und steigt mit beiden Beinen darüber. "Hängt mein Kleid noch hoch genug?" Nina dreht sich um und ihr Mann kontrolliert die Schleppe. Sie hängt, wie vorgesehen, an einem weißen Kopf. Entwarnung.
Start um 4:40 Uhr
Noch vor Tagesanbruch haben sie es ganz vorne an die Schlange vor dem Petersplatz geschafft. Daniel trägt einen olivgrünen Anzug mit weißem Hemd und hellbeiger Krawatte. Seine Frau Nina ein weißes Kleid mit kurzer Schleppe. "Es ist toll, das Brautkleid nochmal anzuziehen", sagt Nina. Sie habe sich in ihr Kleid verliebt und es wäre schade, das nur einmal tragen zu können.
Als sie es Stunden zuvor angezogen hat, habe sie wieder gespürt: "Oh ja, das ist mein Kleid!" Dabei musste diesmal alles schneller gehen. Der Wecker hat um 4:40 Uhr geklingelt. Dann schnell selbst geschminkt. Frühmorgens im Hotelzimmer, statt wie im Sommer im Brautsalon. "Ich musste alles selbst machen: Haare, Make-up und hoffen, dass ich nichts vergessen habe", erzählt die 27-Jährige. Dennoch hat am Ende alles geklappt.
Rauf auf den Petersplatz
Dann schlägt eine Glocke am Petersdom sieben Mal. Das erste Tageslicht bricht langsam durch die Wolkendecke. Um sie herum stehen zwei Dutzend andere Brautpaare in Weiß, Schwarz oder Beige.
Dann öffnet sich das Absperrgitter und Hunderte von Pilgerinnen und Pilgern sowie Touristen mischen sich unter die Brautpaare. Erst durch die Sicherheitsschleusen und dann rauf auf den Petersplatz.
Anfangs ist der Platz noch ziemlich leer. Daniel und Nina nehmen in der zweiten Reihe Platz. Nach und nach setzen sich immer mehr Brautpaare um sie herum. Es sei eine familiäre Atmosphäre gewesen, wird Daniel später erzählen. Man habe sich miteinander unterhalten. Als es dann anfing zu regnen, haben sie dem portugiesischen Paar neben sich Daniels Regenjacke gegeben. "Das war eine schöne Stimmung", sagt der 38-Jährige.
Einen Meter vom Papst entfernt
Nach der Audienz kommt Papst Leo XIV. auch zu den frisch vermählten Brautpaaren. Nina und Daniel stehen fast ganz vorn. "Er war vielleicht einen Meter entfernt", sagt Daniel.
"Wenn wir die Hand ausgestreckt hätten, hätten wir ihn berühren können." Leo selbst habe einen freundlichen Blick gehabt. Der Papst sei Kleiner, als Daniel dachte. "Aber total locker und herzlich. Man merkt, dass er echt ist", sagt der Kölner Bräutigam.
Für Nina war es nicht nur ein touristisches Erlebnis, sondern ein sehr persönlicher Moment. "Das Kleid noch einmal anzuziehen – das war emotional. Man hat so viele Erinnerungen mit diesem Kleid verbunden."
Das vierte Kapitel der Hochzeit
Die Idee zu dieser besonderen Begegnung kam nicht von den beiden selbst. "Wir haben die Reise nach Rom geschenkt bekommen", erzählen sie. "Als wir gehört haben, dass wir bei der Audienz ganz vorne sitzen dürfen, war klar: Das machen wir", sagt Daniel. Für ihn, der sich sehr für Geschichte interessiert, war der Vatikan ohnehin ein faszinierender Ort.
Dass die beiden schon verheiratet waren, macht die Begegnung für sie nicht weniger besonders. "Jedes Erlebnis, das man gemeinsam teilt, schweißt einen zusammen", meint Nina. "Wir hatten ja schon so viele schöne Momente: Polterabend, Standesamt an der Nordsee, kirchliche Trauung in meiner Heimatgemeinde und jetzt das hier." Es sei wie das vierte Kapitel ihrer Hochzeit.