Das sind die deutschen Pläne für Hilfen in Gaza

Friedensprozess und Wiederaufbau

Bundeskanzler Friedrich Merz nimmt in Ägypten an der Unterzeichnung eines Friedensabkommens für Gaza teil. Deutschland will sich mit humanitärer Hilfe, Wiederaufbauplänen und politischer Unterstützung an der Umsetzung beteiligen.

Autor/in:
Carsten Döpp
Im südlichen Gazastreifen bereiten sich Familien auf den Empfang ihrer Verwandten und Angehörigen vor, die in israelischen Gefängnissen inhaftiert waren und zeitgleich mit der Übergabe israelischer Gefangenen, freigelassen werden sollen. / © Abed Rahim Khatib (dpa)
Im südlichen Gazastreifen bereiten sich Familien auf den Empfang ihrer Verwandten und Angehörigen vor, die in israelischen Gefängnissen inhaftiert waren und zeitgleich mit der Übergabe israelischer Gefangenen, freigelassen werden sollen. / © Abed Rahim Khatib ( dpa )

DOMRADIO: Papst Leo XIV. hat das Friedensabkommen zur Beendigung des Gaza-Kriegs als Hoffnungsfunken bezeichnet. Welche Rolle spielt Deutschland bei der Umsetzung?

Alexander Riedel (KNA-Korrespondent in Berlin): Bundeskanzler Friedrich Merz ist am Montag in Ägypten. Dort nimmt er auf Einladung des ägyptischen Präsidenten al-Sisi an einer Zeremonie teil, bei der eine Vereinbarung für Frieden in Gaza unterzeichnet werden soll. Erwartet werden dazu zahlreiche Staats- und Regierungschefs: neben Merz unter anderen US-Präsident Trump, der türkische Präsident Erdogan, der britische Premier Starmer, Frankreichs Präsident Macron – und auch UN-Generalsekretär Guterres. Merz hat angekündigt, dass Deutschland sich für die Umsetzung des Friedensplans engagieren werde.

Alexander Riedel, Hauptstadt-Korrespondent bei der Katholischen Nachrichtenagentur. / © Stefan Meetschen (KNA)
Alexander Riedel, Hauptstadt-Korrespondent bei der Katholischen Nachrichtenagentur. / © Stefan Meetschen ( KNA )

DOMRADIO: Was heißt das konkret?

Riedel: Der Kanzler hat einige Punkte genannt, darunter etwa: Deutschland stehe bereit, bei der medizinischen und psychologischen Unterstützung der freigelassenen Geiseln zu unterstützen. Für humanitäre Hilfe stellt die Bundesregierung sofort zusätzlich 29 Millionen Euro bereit. Gemeinsam mit Ägypten will Deutschland zu einer internationalen Wiederaufbaukonferenz einladen. Dabei sollen der Wiederaufbau der Wasser- und Energieversorgung sowie die medizinische Versorgung im Mittelpunkt stehen. Auch zeigt die Bundesregierung sich bereit, in dem von Trump vorgeschlagenen Friedensrat mitzuwirken. Eines stellt Merz aber auch klar: Militärisch werde Deutschland sich nicht an einer internationalen Friedensmission beteiligen.

Alexander Riedel

"Das deutsche Entwicklungsministerium zum Beispiel hat sich daher nach eigenen Angaben schon seit Monaten darauf vorbereitet, schnell Übergangsunterkünfte nach Gaza zu bringen, damit die Menschen erst einmal ein Dach über dem Kopf haben".

 

DOMRADIO: Welche Hilfe brauchen denn die Menschen im Gazastreifen jetzt?

Riedel: Wir haben ja alle die schrecklichen Bilder vor Augen: Um die 80 Prozent der Gebäude im Gazastreifen sind stark beschädigt oder zerstört, darunter auch Krankenhäuser. Viele Menschen leben in Ruinen oder Zelten. Hunderttausende Menschen sind laut dem von der islamistischen Terrormiliz Hamas kontrollierten Zivilschutz bereits in den Norden des Gebietes nach Gaza-Stadt zurückgekehrt. Dort stehen die meisten vor den Trümmern ihres früheren Zuhauses. Das deutsche Entwicklungsministerium zum Beispiel hat sich daher nach eigenen Angaben schon seit Monaten darauf vorbereitet, schnell Übergangsunterkünfte nach Gaza zu bringen, damit die Menschen erst einmal ein Dach über dem Kopf haben.

DOMRADIO: Du hast bereits erwähnt, dass Deutschland auch Geld für Soforthilfe gibt. Wofür soll das verwendet werden?

Riedel: Die 29 Millionen Euro sind für das Welternährungsprogramm, das Kinderhilfswerk Unicef und die Weltgesundheitsorganisation vorgesehen. Es geht also um Lebensmittel und medizinische Hilfe. Viele Menschen im Gazastreifen leider an Hunger oder hatten mit ihren Verletzungen oder Krankheiten bislang kaum oder gar keinen Zugang zu Ärzten.

Neben der staatlichen Hilfe wollen sich auch private und kirchliche Hilfsorganisationen bei der Hilfe für Gaza engagieren: Das Hilfswerk Caritas international zum Beispiel spricht von einem der größten Einsätze der jüngeren Geschichte. Immerhin leben im Gazastreifen geschätzt zwei Millionen Menschen, denen Lebensmittel, sauberes Trinkwasser, Hygieneartikel und Medikamente fehlen.

Alexander Riedel

"Der Wiederaufbau könnte nach Schätzungen der Vereinten Nationen 50 Milliarden US-Dollar oder deutlich mehr kosten. Da braucht es viele internationale, aber auch private Partner".

 

DOMRADIO: Wenn wir davon ausgehen, dass der Frieden hält und die Soforthilfe bei den Menschen ankommt. Wann kommt dann die schon erwähnte Wiederaufbaukonferenz?

Riedel: Die Bundesregierung betont, dass alles Schritt für Schritt gehen müsse. Die internationale Konferenz zum Wiederaufbau ist in den kommenden Wochen in Ägyptens Hauptstadt Kairo geplant – so bis dahin alles andere klappt, also der Waffenstillstand hält und der Friedensplan weiter umgesetzt wird. Deutschland will auch bei langfristigen Aufgaben, wie dem Aufbau einer Verwaltung für Gaza einen Beitrag leisten. Insgesamt ist die Aufgabe im Gazastreifen gewaltig: Der Wiederaufbau könnte nach Schätzungen der Vereinten Nationen 50 Milliarden US-Dollar oder deutlich mehr kosten. Da braucht es viele internationale, aber auch private Partner.

Alexander Riedel

"Für einen langfristigen Frieden im Nahen Osten und für eine langfristige Sicherheit für Israel sei es notwendig, den Menschen in Gaza die Hoffnung auf ein Leben in Würde und die Hoffnung auf eine gute Zukunft zu geben".

DOMRADIO: Und was tut die Bundesregierung dafür konkret?

Riedel: Kanzler Merz reist kommende Woche nach Brüssel zum EU-Gipfel, wo auch die Entwicklungen im Nahen Osten Thema sein werden.  Entwicklungsministerin Alabali Radovan hat zum Wiederaufbau in den vergangenen Monaten schon viele Gespräche geführt, auch in der Region. In dieser Woche ist die Ministerin in Washington, bei der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds. Am Rande des Treffens will sie weitere Gespräche über den Wiederaufbau in Gaza führen. Am Sonntag hat sie angekündigt, dass Deutschland den Wiederaufbau mit einem dreistelligen Millionenbeitrag unterstützen werde.

Auch Außenminister Wadephul ist viel unterwegs. Vergangene Woche war er zum Beispiel bei einer kurzfristig anberaumten internationalen Konferenz zum Thema in Paris. Allgemeiner Tenor dort: Für einen langfristigen Frieden im Nahen Osten und für eine langfristige Sicherheit für Israel sei es notwendig, den Menschen in Gaza die Hoffnung auf ein Leben in Würde und die Hoffnung auf eine gute Zukunft zu geben.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR

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