DOMRADIO.DE: Ab welchem Zeitpunkt gab es überhaupt Autos im Vatikan?
Ulrich Nersinger (Vatikan-Experte und Autor): Dafür können wir eigentlich das Jahr 1909 festlegen. Der damalige Papst Pius X. bekam von dem Erzbischof von New York ein Auto geschenkt. Das kam aber nicht so gut an: Der Papst weigerte sich, in etwas einzusteigen, das "Töfftöff" mache.
DOMRADIO.DE: Es war ausgerechnet ein Unfall mit einer Kutsche, der dazu führte, dass das Auto zum Einsatz kam. Was war da los?
Nersinger: Im Damasushof des Apostolischen Palastes hatte der Kutscher des Papstes mit der Kutsche einen fast gravierenden Unfall. Daraufhin ist er zum Papst gegangen und sagte, dass er ein Automobil statt der Pferde wolle. Da Pius XI. sehr technisch interessiert und aufgeschlossen war, hat er sich für den Ersatz bemüht und ab da Autos genommen. Von italienischen und ausländischen Autoherstellern bekam er dann immer ein Auto geschenkt.
DOMRADIO.DE: Das kennt man auch heute noch. Papst Franziskus hat einmal einen Lamborghini geschenkt bekommen.
Nersinger: Das haben wir die letzten 100 Jahre dauernd erlebt. Man möchte dem Papst ein Geschenk machen – aber natürlich auch mit dem Hintergedanken, dass man für die betreffende Automarke etwas Werbung macht.
DOMRADIO.DE: Nach der Kutschenpanne gab es auch im Zweiten Weltkrieg noch einmal eine päpstliche Autopanne. Was ist da genau passiert?
Nersinger: Am 19. Juli 1943 gab es ein verheerendes Bombardement auf Rom. Das hatte niemand erwartet, denn man dachte nicht, dass Rom bombardiert werden würde. Die Reaktion der italienischen Regierung und des Königshauses war interessant: Niemand kam in das am schlimmsten betroffene Viertel San Lorenzo. Nur der Papst hat sich bei den ersten Angriffen sofort entschieden, mit einem Auto dorthin zu fahren und dabei noch nicht einmal die Entwarnung abgewartet. Als das Auto des Papstes dort ankam, strömten die Leute darauf zu und hingen sich wie eine Traube daran. Als der Papst wieder in den Vatikan fahren wollte, streikte das Auto und er musste einen Ersatzwagen nehmen.
DOMRADIO.DE: 20 Jahre später, also 1964, erlebte Paul VI. die nächste Autopanne bei seiner Reise ins Heilige Land.
Nersinger: Das war politisch heikel. Der Papst fuhr von Jordanien nach Jerusalem und musste natürlich die Grenze überschreiten. Er hatte für seine Fahrt von dem libanesischen Staatspräsidenten ein Auto gestellt bekommen und als das Auto die Grenze erreichte, waren die Israelis nicht sehr glücklich darüber. Sie bestanden auf einen israelischen Wagen, der Papst wollte jedoch mit dem Wagen des libanesischen Staatspräsidenten weiterfahren. Daraufhin hat man das Auto minutiös kontrolliert, man könnte fast sagen, auseinandergenommen. Das war auch ein kleines bisschen Schikane.
DOMRADIO.DE: Und auch Johannes Paul II. hat eine Autopanne erlebt.
Nersinger: Das war im Heiligen Jahr 2000, als der Papst am ersten Weihnachtstag 1999 zur Lateranbasilika fuhr, um dort die Heilige Pforte zu eröffnen. Er war damals mit dem Papamobil unterwegs, das eine kleine Steigung hätte überwinden müssen. Das schaffte es aber nicht. Der Papst musste dann, obwohl er damals schon gehbehindert war, aussteigen und sich zu Fuß zur Heiligen Pforte des Laterans begeben.
Das Interview führte Lara Burghardt.