DOMRADIO.DE: Haben Sie schon so ein Pudding-Event gesehen?
Christian Jasper (Stadtjugendseelsorger Bonn): Da gab es schon welche bei uns in Bonn. Viele hundert Leute haben sich auf der Hofgartenwiese vor der Universität getroffen. Das wirkt erst mal völlig verrückt und zufällig - "random" wie junge Leute sagen würden. Man könnte auch was ganz was anderes machen, aber die jungen Leute wollen sich offenbar so treffen.
Dabei geht es auch darum, dass man in einer Zeit, wo so vieles digital ist, wieder analoge Kontakte hat. Es geht wohl auch darum, dass man in unserer weltpolitisch so angespannten Lage etwas Fröhliches und Lustiges erlebt.
DOMRADIO.DE: Das erste dokumentierte Event fand in Karlsruhe statt. Wer als erster auf die Idee kam, ist eigentlich gar nicht bekannt. Inzwischen hat der Trend sogar die USA erreicht.
Jasper: Das Pudding-Essen hat sich wohl jemand aus einer Scherzlaune heraus überlegt. Die Idee hat dann ein großer Social-Media-Account geteilt. So funktionieren Trends eben in unserer Zeit. Solche verrückten Trends gibt es immer wieder.
Vor einigen Jahren war es modern, sich kaltes Wasser über den Kopf zu schütten oder Pokémon spielend durch Städte zu laufen. Aber immer wieder geht es auch darum, zusammenzukommen. Und man braucht nicht viel Geld, um einen Pudding mit der Gabel zu essen. Hier geht es also nicht um Konsum, sondern dass man eine lustige Zeit hat und im Optimalfall viele neue, nette Leute kennenlernt.
DOMRADIO.DE: Zeigt dieser aktuelle Pudding-Trend, dass junge Leute sich mehr Verbundenheit und Gemeinsamkeit wünschen?
Jasper: Das scheint so. Da wirkt aber vielleicht auch noch die Corona-Pandemie und die Vereinsamung negativ nach. Junge Menschen erleben einen großen Leistungsdruck im Studium, im Beruf, aber auch schon in der Schule. Sie sind aber natürlich auch den Kriegen ausgesetzt oder auf der Suche nach günstigem Wohnraum. Man kann also sagen, dass die jungen Menschen vielen ernsten Problemen ausgesetzt sind. Zeitgleich sind junge Leute auch politisch und wollen etwas ändern.
Diese Pudding-Ess-Momente sind dagegen oft sehr frohe und ausgelassene Treffen. Die haben sicherlich auch gut in den Spätsommer der letzten Tage gepasst.
DOMRADIO.DE: Wie lange wird es diesen Trend noch geben?
Jasper: Mir scheint, dass der Höhepunkt bald erreicht ist und dann sicherlich etwas anderes nachkommt. Kommt dieser Trend aber wirklich dem Bedürfnis nach Freundschaft und Begegnung entgegen? Ja, man kommt mit anderen Menschen zusammen und macht irgendwie dasselbe. Für mich ist das aber kein intensiver Kontakt und führt nicht zu tiefen Gesprächen. Deshalb frage ich mich vorsichtig: Brauchen diese Menschen nicht eigentlich noch etwas ganz anderes, wenn die sich nach Begegnung sehnen?
DOMRADIO.DE: Was wäre denn etwas anderes?
Jasper: Natürlich darf man ernste Themen für eine gewisse Zeit in den Hintergrund drängen, aber sie verschwinden dadurch ja nicht. Da braucht es oft tiefer gehende Gespräche und nicht einfach nur eine lustige Challenge. Als Jugendseelsorger schaffen wir Begegnungsorte und versuchen, dass man auch wirklich ins Gespräch kommt. Wir wollen auch den ernsten Themen begegnen.
Das Interview führte Carsten Döpp.