DOMRADIO.DE: Was genau gibt es denn heute bei Ihnen zu sehen?
Scharjil Khalid (Islamischer Theologe und Imam der Kahija Moschee Berlin): Wir haben am 3. Oktober ein sehr breites Angebot, das in mehreren Moscheen stattfindet. Unser Highlight in Berlin ist, dass der Tag der offenen Moschee diesmal auf einen Freitag fällt. Also auf den heiligen Tag der Muslime, vergleichbar mit dem Sonntag in der Kirche.
Besucherinnen und Besucher haben dadurch die Möglichkeit, live eine Freitagspredigt und ein Freitagsgebet mitzuerleben. Darüber hinaus bieten wir eine besondere Ausstellung mit dem Thema "Islamische Zeitreise" an. Außerdem gibt es einen eigenen Bereich für Kinder und Familien, sodass sich der Tag der offenen Moschee auch als Familienausflug eignet.
DOMRADIO.DE: Warum ist es Ihnen so wichtig, dabei mitzumachen?
Khalid: Die Idee des Tages der offenen Moschee und ihn bewusst mit dem Tag der Deutschen Einheit zu verbinden, entstand vor etwa 30 Jahren. Damit wollte man deutlich machen, dass muslimisches Leben und der Islam zu Deutschland gehören. Organisierte islamische Gemeinschaften gibt es hier schon seit über 100 Jahren. Deswegen hat man bewusst das am 3. Oktober gewählt.
Er steht nicht nur für die Überwindung der innerdeutschen Teilung, sondern auch für die Anerkennung der Verwurzelung des muslimischen Lebens in Deutschland. Deswegen ist es wichtig, an diesem Tag zu zeigen, dass zur Einheit Deutschlands auch die religiöse Vielfalt gehört. Und gerade Muslime, als größte religiöse Minderheit in Deutschland, haben dabei eine besondere Rolle. Jeder Tag ist im Grunde ein "Tag der offenen Moschee". Aber am 3. Oktober hat das Ganze eine besondere Symbolkraft, deswegen ist es uns wichtig da auch mitzumachen.
DOMRADIO.DE: Sie sind ja schon seit mehreren Jahren dabei, welche Rückmeldungen haben Sie bisher bekommen, was sagen die Besucherinnen und Besucher?
Khalid: Die Besucherinnen und Besucher finden das unglaublich spannend. Gerade im Osten sind wir ja noch immer die einzige Moschee einer religiösen Minderheit. Viele Menschen aus der ehemaligen DDR hatten bisher gar keine Berührungspunkte mit Muslimen. Für sie ist es oft das erste Mal, ein islamisches Gotteshaus zu betreten.
Dadurch entsteht die Möglichkeit, abseits der medialen und öffentlichen Diskurse direkt mit Muslimen ins Gespräch zu kommen. Darauf legen wir sehr viel wert. Dass die Menschen ganz offen ihre Fragen stellen, ihre Anliegen äußern und auch Vorurteile oder kontroverse Themen ansprechen können. So entsteht ein Dialog, durch den Brücken gebaut und gegenseitiges Verständnis gefördert werden.
DOMRADIO.DE: Wir haben ja gleich zu Beginn schon das Freitagsgebet erwähnt. Vielleicht können Sie noch mal so ganz kurz und knapp uns erklären, was genau ist das?
Khalid: Das Freitagsgebet ist das Wochenhighlight für Muslime. An diesem Tag nehmen sich viele besonders Zeit, um daran teilzunehmen. In islamischen Ländern ist der Freitag sogar der eigentliche freie Tag, vergleichbar mit dem Sonntag in christlichen Ländern. An diesem Tag schließen auch viele Geschäfte, sodass genügend Zeit für das Gebet bleibt. Hier versucht man dementsprechend die Mittagspause einzurichten.
Normalerweise findet bei einem Gebet erst das Gebet und dann die Lesung statt. Beim Freitagsgebet ist es umgekehrt. Zuerst gibt es eine Predigt, anschließend ein größeres gemeinschaftliches Gebet. Die Moscheen sind dann sehr gut besucht, anders als zu den regulären Gebetszeiten. Freitags nehmen sich die Menschen also bewusst Zeit, um dieses besondere, gemeinschaftliche Gebet zu verrichten, das als besonders segensreich für die Woche gilt.
DOMRADIO.DE: Das heißt also, man kann dort aktiv teilnehmen und sich alles anschauen?
Khalid: Genau. Wir haben extra einen Sitzbereich in der Moschee eingerichtet, sodass Besucher die Predigt live mitverfolgen können, sie findet auch auf Deutsch statt. Anschließend können sie das Gebet beobachten. Für viele ist es besonders spannend, das islamische Gebet zu sehen, da es dynamischer ist als viele traditionelle Gebete anderer Religionen. Es gibt verschiedene Positionen, die Gläubigen beten auf dem Teppich in der Moschee und die Gebete werden auf Arabisch mit melodischem Klang gesprochen. Das macht das Ganze zu einem besonderen Erlebnis. Ein Highlight, auf das sich viele Besucherinnen und Besucher sehr freuen.
DOMRADIO.DE: Ihr Programm wird live aus England übertragen. Warum ist das so?
Khalid: Wir gehören der Ahmadiyya Muslim Jama’at an, einer internationalen Religionsgemeinschaft. Der Kalif hat seinen Sitz in London. Deshalb ist es an diesem Tag ein besonderes Highlight, dass eine Ansprache aus London live übertragen wird. Die Besucherinnen und Besucher haben so die Möglichkeit, den Islam auch in einer internationalen Dimension kennenzulernen und nicht nur auf städtischer, lokaler oder nationaler Ebene.
DOMRADIO.DE: Sie haben ja schon gesagt, dass eigentlich jeder Tag ein "Tag der offenen Moschee" ist. Kann man also einfach vorbeikommen? Und wie kontaktiert man am besten jemanden oder plant einen Besuch?
Khalid: Theoretisch kann man jederzeit in die Moschee kommen. Von den Morgengebeten um 6 Uhr bis zum Abendgebet um 21 Uhr sind die Moscheen meist geöffnet und man kann auch spontan vorbeischauen. Der Nachteil ist allerdings, dass vielleicht niemand da ist, der eine Führung geben kann, der Imam könnte zum Beispiel unterwegs sein.
Deshalb ist es sinnvoll, sich vorher über die Webseite oder die Social-Media-Kanäle der Moschee zu informieren. Dort kann man die Gemeinde unkompliziert kontaktieren und mitteilen, dass man vorbeikommen möchte. Wir haben auf unserer Webseite sogar ein Besucherformular, über das man sich für eine Führung anmelden kann. So bekommt man eine exklusive Führung, zum Beispiel für eine Besuchergruppe. Viele nutzen das Angebot auch unter der Woche, um auf dem Weg zu einem Termin kurz vorbeizuschauen und die Moschee zu besichtigen.
Das Interview führte Lara Burghardt.