"Manchmal ist es einfacher, Brücken mit Nicht-Christen zu bauen als mit unseren christlichen Nachbarn", so Leo XIV. gleich zu Beginn auf die Frage nach seinen Plänen als "Pontifex maximus".
Dies gelte trotz der Tatsache, dass die Spaltungen unter Christen eine der tiefsten Wunden im Leben der heutigen Kirche seien. Daher habe die Suche nach Einheit unter Christen für ihn einen ebensolchen Vorrang wie für seinen Vorgänger Franziskus.
Eines der Dinge, für die er sich in diesem Jahr besonders einsetzen wolle, sei der 1.700. Jahrestag des Konzils von Nizäa. "Papst Franziskus hatte bereits geplant, nach Nizäa zu reisen, dann wurde er krank, der Termin wurde zweimal verschoben", so Leo XIV. Dann musste ein neuer Termin gefunden werden. Er werde hoffentlich Ende November nach Nizäa reisen.
Gemeinsames Glaubensbekenntnis finden
Einige hätten ursprünglich ein Treffen zwischen Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel und ihm geplant. "Ich habe darum gebeten, dass dies zu einem ökumenischen Ereignis wird, zu dem christliche Führer aus vielen verschiedenen christlichen Religionen oder christlichen Gemeinschaften eingeladen werden, um an dieser Versammlung in Nizäa teilzunehmen", sagte der Papst. Nizäa sei "einer der Momente, in denen wir alle noch ein gemeinsames Glaubensbekenntnis finden können, bevor es zu den verschiedenen Spaltungen kam".
Von sich aus kam Leo auch auf die russisch-orthodoxe Kirche zu sprechen. Die sei "nach der katholischen Kirche die größte christliche Konfession der Welt, aber aufgrund des Krieges und bestimmter Erklärungen hat sich diese Trennung derzeit eher vergrößert als verringert".
Bekannt seien auch die Spannungen zwischen den Patriarchen von Moskau und Konstantinopel sowie diverser "Entscheidungen, die innerhalb der orthodoxen Welt getroffen wurden".
Brücken bauen
Welche genau der Papst meinte, ist nicht ganz klar, auch wenn es nahe liegt, an die Orthodoxie in der Ukraine zu denken. Gleichwohl sagte Leo: "Wenn der Bischof von Rom dazu beitragen kann, Brücken zwischen verschiedenen Menschen zu bauen und Menschen zusammenzubringen, dann ist das sicherlich mit Herausforderungen verbunden, aber es ist auch ein großer Dienst, den man leisten kann, denn letztendlich glauben wir alle an Jesus Christus, den Sohn Gottes und unseren Erlöser."
Zwei weitere konkrete Streitthemen seien die "Rolle des Bischofs von Rom in der Welt der Gläubigen" sowie das Osterdatum. Das stehe immer noch auf der Tagesordnung: "Wir haben einige Schritte unternommen. Ich würde nicht sagen, dass wir Fortschritte gemacht haben, aber wir haben einige Schritte unternommen, um verschiedene Ansätze zu prüfen."
Beim Thema interreligiöser Dialog erwähnte die Interviewerin Elise Ann Allen einerseits Franziskus' intensiven Dialog mit dem Islam, sprach aber auch das Gefühl jüdischer Vertreter an, zuletzt vernachlässigt worden zu sein.
"Ich mag vielleicht etwas vermessen sein"
"Ich mag vielleicht etwas vermessen sein", so Leo, "aber ich wage zu behaupten, dass sich die Beziehung zur jüdischen Gemeinschaft als solche bereits in den ersten Monaten etwas verbessert hat.
Ich denke, es ist wichtig, einige Unterscheidungen zu treffen, die sie selbst auch treffen würden, nämlich zwischen dem, was die israelische Regierung tut, und dem, was die jüdische Gemeinschaft ist." Gleichwohl bleibe noch vieles zu besprechen und zu tun.
Franziskus habe "insbesondere im Hinblick auf den Islam große Fortschritte erzielt, einige der Barrieren zu überwinden, die aufgrund bestimmter historischer Ereignisse in der jüngeren und ferneren Vergangenheit bestanden hatten". Für den Weltfrieden gebe es aber keinen anderen Weg. Der Dialog bleibe schwierig, allein weil die islamische Welt aus vielen verschiedenen Gruppierungen bestehe.
Gegenseitigen Respekt zeigen
Mit Verweis auf ein erstes Treffen mit Buddhisten im Vatikan betonte der Papst das Grundprinzip des interreligiösen Dialogs: gegenseitigen Respekt zeigen und gleichzeitig verstehen, dass verschiedene Menschen einen unterschiedlichen Glauben haben.
"Ich glaube fest an Jesus Christus und bin überzeugt, dass dies meine Priorität ist, denn ich bin der Bischof von Rom und Nachfolger Petri, und der Papst muss den Menschen, insbesondere den Christen und Katholiken, helfen zu verstehen, dass es dies ist, was wir sind."
Werde dieser Auftrag aber "verzerrt, ideologisch überfrachtet oder missverstanden", würde die Dinge komplizierter, betonte der Papst ergänzend in einem weiteren, wohl auch innerkatholisch gemünzten Sinn: "Ich scheue mich nicht zu sagen, dass ich an Jesus Christus glaube, dass er am Kreuz gestorben und von den Toten auferstanden ist und dass wir gemeinsam dazu berufen sind, diese Botschaft zu verbreiten", so Leo abschließend.
Solches zu sagen, bedeute nicht, "dass ich Menschen anderer Religionen missachten, beleidigen oder einen Kreuzzug gegen sie führen werde, denn das ist schlicht keine Lösung, wie wir aus der Geschichte gelernt haben".