Die christliche Gemeinschaft Sant'Egidio ruft europäische Länder auf, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen. Diese sollten über sogenannte "humanitäre Korridore" sicher nach Europa gelangen, hieß es in einem am Sonntag veröffentlichten Aufruf, zu dessen Erstunterzeichnern ökumenische Kirchen- und Ordensvertreter gehören.
Konkret forderte Sant'Egidio, die deutschen Zusagen an afghanische Hilfskräfte unverzüglich umzusetzen. Familienzusammenführungen müssten als Grundlage wirksamer Integration weiter ermöglicht werden. Die Betroffenen würden "schon zu lange warten", sie seien von Verhaftung oder sogar Zurückweisung bedroht. Das gefährde ihr Leben.
"Wir dürfen nicht gleichgültig bleiben"
Generell betonte die Gemeinschaft: Das Leid der Flüchtlinge sei auch aufgrund zunehmender Kriege viel dramatischer geworden. "Wir dürfen nicht gleichgültig bleiben." Die Aufnahme von Migranten dürfe nicht gegen die Sorge um die eigenen Probleme ausgespielt werden.
Auch kritisierte Sant'Egidio die in Europa zunehmend verbreitete Annahme, jeder rudere für sich allein. "Man versäumt die Entwicklung gemeinsamer Lösungen, die die Notwendigkeit der Zuwanderung für den Arbeitsmarkt und den humanitären Anspruch unseres Kontinents mit dem rechtmäßigen Bedürfnis nach legaler Migration verbindet", so die Gemeinschaft.
Gemeinsam und nicht egoistisch
Eine Absage erteilte sie dem Populismus. An die Stelle von Angst und Aggressionen schürenden Parolen müsse eine europaweit gemeinsame Politik treten, die Migration als strukturelle Frage auffasse. Das solle weniger als Herausforderung, sondern als Bereicherung in einer überalterten Gesellschaft angesehen werden, empfahl Sant'Egidio.
Sant'Egidio wurde 1968 in Rom gegründet. Die heute in 70 Ländern tätige christliche Gemeinschaft setzt sich für arme Menschen und Frieden ein. 2016 begann die Organisation von humanitären Korridoren zur Flucht aus Kriegs- und Notstandsgebieten.