Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat zum Auftakt des Friedenstreffens der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio zu neuen Wegen in der internationalen Konfliktlösung aufgerufen. Friede sei nur dann möglich, "wenn beide Seiten verstehen, dass ein Weg der Koexistenz gefunden werden muss", sagte er am Sonntagabend in Paris. Der aktuelle dreitägige interreligiöse Gipfel findet zum ersten Mal in der französischen Hauptstadt unter dem Motto "Imagine Peace" statt.
Speziell mit Blick auf den anhaltenden Nahost-Krieg plädierte Macron für eine "Wiedervermenschlichung des Feindes" sowie ein großes Maß an Fantasie. Die Vorstellungskraft sei ein wichtiges Mittel, um Kompromisse zu finden und neue Friedenskonzepte zu entwickeln.
Neue Beziehung zu Russland?
Ähnlich sei auch das Projekt des europäischen Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg ein Produkt kreativer Menschen gewesen: "Es brauchte fantasievolle Köpfe, um diesen Frieden zu erdenken", sagte Macron. Auch heute sollte mit Fantasie "eine neue Organisation Europas" geschaffen werden, die über die EU in ihrer jetzigen Form hinausgehe. Auf diese Weise könne eine neue Beziehung zu Russland aufgebaut werden, so das französische Staatsoberhaupt.
Zu dem noch bis Dienstag dauernden Internationalen Friedenstreffen von Sant'Egidio und der Erzdiözese Paris wurden rund 4.000 Teilnehmer erwartet. Zu den Gästen zählen etwa der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, sowie der päpstliche Sondergesandte für die Ukraine und Russland, Kardinal Matteo Zuppi.
"Welt ohne Atomwaffen"
Auf dem Programm stehen insgesamt 21 Foren zu verschiedenen Themen wie Afrika, Migration, Demokratie und "eine Welt ohne Atomwaffen". Der Höhe- und Schlusspunkt ist für Dienstag auf dem Vorplatz der Kathedrale Notre-Dame geplant. Dabei soll ein gemeinsamer Schlussappell unterzeichnet werden. Zudem wird eine Botschaft von Papst Franziskus verlesen.
Die 1968 in Rom entstandene Bewegung Sant'Egidio hilft Armen und Notleidenden, setzt sich für Frieden ein und fördert den Dialog der Religionen. Sie hat laut eigenen Angaben rund 60.000 Mitglieder in 70 Ländern, davon 5.000 in Deutschland.