Bischöfe stellen sich auf finanziell härtere Zeiten in Israel ein

Ende der Steuer-Schonfrist für Kirchen

Als noch der Sultan regierte, genossen Christen im Heiligen Land gewisse fiskalische Freiheiten. Neuerdings weht aber ein rauerer Wind. Die katholischen Kirchenführer suchen nach einer gemeinsamen Strategie.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Blick auf die Altstadt von Jerusalem / © JekLi (shutterstock)
Blick auf die Altstadt von Jerusalem / © JekLi ( shutterstock )

Seit mehr als zwei Jahrzehnten geraten christliche Kirchen in Israel wegen tatsächlicher oder angeblicher Steuerschulden immer wieder in die Schlagzeilen. 

Wegen unbezahlter Rechnungen für die kommunale Grundsteuer, die sogenannte Arnona, wurden Prozesse geführt, ließen Behörden Konten sperren und kündigten Zwangsvollstreckungen an. Das Griechisch-Orthodoxe Patriarchat etwa konnte in diesen Monaten plötzlich seine Angestellten nicht mehr bezahlen, bis die Konten offenbar auf politische Intervention hin wieder freigegeben wurden.

Von dem Streit und der Unsicherheit sind alle großen christlichen Kirchen des Landes betroffen - die Griechen, die Katholiken und die Armenier. Sie verfügen im Heiligen Land über teils beachtliche Liegenschaften, Landbesitz und Immobilien, die sie in verschiedener Weise selber nutzen oder vermieten und verpachten.

Jetzt haben die katholischen Kirchen im Heiligen Land ein gemeinsames Vorgehen im Arnona-Streit vereinbart. Bei einer Sondersitzung der Versammlung der katholischen Repräsentanten des Heiligen Landes (ACOHL) am Mittwoch sagte der Lateinische Patriarch Pierbattista Pizzaballa, der Status quo in Bezug auf die Arnona-Steuer sei beendet und Veränderungen seien unvermeidlich. 

Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Debbie Hill/OSV news (KNA)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Debbie Hill/OSV news ( KNA )

Die katholischen Einrichtungen sollten sich gemeinsam und verantwortungsvoll auf die bevorstehenden Veränderungen vorbereiten, sich gegenseitig austauschen und rechtsberaten, hieß es in einem anschließend verbreiteten Kommuniqué.

Der Patriarch räumte ein, die katholischen Institutionen befänden sich in einer "kritische Lage".

Gewohnheitsrecht aus osmanischer Zeit

Im Osmanischen Reich waren Kirchen und Christen im Heiligen Land traditionell von Steuern befreit. Die Briten übernahmen diese Regelung in ihrer Mandatszeit (1922-1948), ebenfalls der 1948 gegründete Staat Israel. Allerdings sahen israelische Hoteliers und Restaurantbetreiber die kirchlichen Gästehäuser zunehmend als vom Staat bevorzugte Konkurrenz und drängten auf Gleichbehandlung. 

Die Christen verteidigten sich mit dem Hinweis auf das Gewohnheitsrecht und auch auf ihre Leistungen, die sie durch ihre Schulen, Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen für das Gemeinwohl erbrächten. Trotzdem flatterten bald Steuerbescheide in christlichen Institutionen ein.

Israelische Flagge in Jerusalem / © Nick Brundle Photography (shutterstock)
Israelische Flagge in Jerusalem / © Nick Brundle Photography ( shutterstock )

Auf eine neue Ebene kam das Thema, als Israel und der Heilige Stuhl 1993 einen Grundlagenvertrag schlossen, mit dem sie volle diplomatische Beziehungen vereinbarten. In 15 Artikeln wurde beiderseitige Rechte und Pflichten geregelt, etwa das Recht der Kirchen auf Pfarreien, auf eigene Schulen und Sozialeinrichtungen.

Allerdings ist der Vertrag von Israel bis heute nicht ratifiziert, wichtige Punkte blieben offen, und einige Rechts-, Wirtschafts- und Steuerangelegenheiten wurden an bilaterale Kommissionen verwiesen.

Sie sollten in einer Frist von zwei Jahren "in gutem Glauben ein umfassendes Abkommen" aushandeln. Ein Rechtsabkommen wurde zwei Jahre später verabschiedet, ein Finanzabkommen etwa zur klassischen Steuerbefreiung kam bislang nicht zustande.

Abgaben für Postkartenständer

Unterdessen besteht Israel darauf, dass kirchliche Einrichtungen, die auf Gewinnerwirtschaftung angelegt sind, etwa hotelähnliche Gästehäuser, gehobene Restaurants oder einträgliche Gewerbebetriebe, zu besteuern seien. Die Besteuerung liegt in kommunaler Hand und wird unterschiedlich gehandhabt. So herrscht der Eindruck, dass zum Beispiel die Stadtverwaltung von Nazareth die Möglichkeiten sehr intensiv nutzt, bis hin zu Forderungen für einen Postkartenständer an der Klosterpforte.

Österreichisches Hospiz Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Österreichisches Hospiz Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Patriarch Pizzaballa rief die katholischen Kirchen auf, sich in dieser ernsten Frage gründlich vorzubereiten, ihre Tätigkeiten sorgfältig zu überprüfen, gemeinsam vorzugehen - und damit Rechtssicherheit zu schaffen. Das bedeutet auch, dass christliche Gästehäuser, die die Arnona entrichten, die gleichen Vorteile und Unterstützung wie die zivilen Hotels erhalten müssten.

In den Verhandlungen - informelle Kontakte sind wohl schon im Gang - muss dann auch ausgehandelt werden, für welche Einrichtungen und unter welche Bedingungen Kommunalsteuern berechtigt sind. So bestehen die Christen dem Vernehmen nach darauf, dass ihre Kirchen und auch ihre Klöster oder Friedhöfe von der Arnona befreit seien. 

Zum Treffen hinter verschlossenen Türen waren nur katholische Kirchenobere und Institutsleiter eingeladen. Bleibt die Frage, ob und wie auch andere Kirchen sich einbinden, die bei dem Thema in der Vergangenheit noch stärker im Fokus standen.

Lateinisches Patriarchat von Jerusalem

Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem betreut die römisch-katholischen Christen im Heiligen Land. Seine Jurisdiktion erstreckt sich über das Staatsgebiet von Israel, Jordanien, Zypern und die Palästinensischen Gebiete. Die Ursprünge des Patriarchats liegen in der Zeit der Kreuzfahrer, die sich als "Lateiner" bezeichneten. Es erlosch jedoch mit dem Fall Akkos 1291. Im Jahr 1847 belebte Papst Pius IX. das Patriarchat neu.

Blick auf Jerusalem / © Kyrylo Glivin (shutterstock)
Quelle:
KNA