Man könnte es für den Plot einer Netflix-Serie halten: Drei betagte Ordensfrauen verlassen überraschend ein Seniorenheim, im Gepäck haben sie das Nötigste zusammengepackt. Begleitet werden die alten Damen von Kameras, Journalisten und einem Schlüsseldienst.
Ihr Ziel: das ehemalige Kloster Goldenstein bei Salzburg. Jahrzehntelang war es ihr Zuhause, dorthin wollen sie zurück. Doch ihr Vorgesetzter, der Propst von Reichersberg, sieht das ganz anders.
Die Hauptfiguren dieses ungewöhnlichen Dramas im beschaulichen Österreich sind Schwester Bernadette (88), Schwester Regina (86) und Schwester Rita (81). Sie gehören zur Gemeinschaft der Augustiner-Chorfrauen, die über viele Jahre eine katholische Schule im Schloss Goldenstein führten und dort Generationen von Schülerinnen prägten. Auch die spätere Schauspielerin Romy Schneider drückte auf dieser Klosterschule die Schulbank.
Schließung des Klosters und lebenslanges Wohnrecht
Doch die Klostergemeinschaft schrumpfte, Anfang 2024 wurde sie offiziell aufgelöst. Bereits 2022 war das Kloster in den Besitz des Erzbistums Salzburg und des Chorherrenstifts Reichersberg übergegangen. Den verbliebenen Schwestern wurde zwar ein lebenslanges Wohnrecht zugesichert, allerdings mit dem Zusatz: "solange gesundheitlich sowie geistlich vertretbar".
Nach Krankenhausaufenthalten kamen die Ordensfrauen im Dezember 2023 in ein Caritas-Seniorenheim. "Wir konnten nicht mehr in unsere Räume zurück, die Schlösser wurden ausgetauscht, wir hatten keinen Zugang mehr zu unseren Habseligkeiten", erinnert sich Schwester Bernadette an den unfreiwilligen Umzug.
Vor wenigen Tagen dann die überraschende Wende: Mit Hilfe eines Schlüsseldienstes verschafften sich die drei Nonnen wieder Zutritt zu ihrem alten Konvent. "Wir fühlen uns nicht als Besetzer oder Einbrecher", erklärten sie der österreichischen "Kronenzeitung" die Klosterbesetzung. Statt eines belebten Klosters erwartete sie ein leerstehendes Gebäude ohne Strom und fließendes Wasser. Zunächst mussten sie mit Wasserkanistern und Stromgeneratoren Abhilfe schaffen.
Kirche warnt vor fehlender Betreuung für die Frauen
Während Unterstützerinnen den Schritt der Nonnen als mutig feierten, reagierte der für die Frauen seit 2022 zuständige Propst Markus Grasl irritiert. Er macht sich Sorgen um die Frauen: "Es ist mir völlig unverständlich, warum die Schwestern die kirchlich geführte Seniorenresidenz ad hoc verlassen haben, da sie dort eingebettet in eine Gemeinschaft und vor allem in absolut notwendiger, professioneller und guter medizinischer Betreuung sind." Die Räume in Goldenstein böten keine Sicherheit und keine Pflege, so der Propst.
Auch die Österreichische Ordenskonferenz verteidigte den Umzug ins Seniorenheim. Das Leben in Schloss Goldenstein sei für die betagten Frauen eine "Überforderung" - ein Verbleib dort sei ausgeschlossen. Doch die Nonnen ließen sich nicht beirren. Nicht einmal für die Sonntagsmesse verließen sie ihr Kloster - auch wenn die Kapelle verschlossen blieb und der vorgesehene Priester nicht erschien.
"Wir nehmen das in Kauf. Dafür sind wir wieder zu Hause", erklärte Schwester Bernadette. Inzwischen sind Strom- und Wasseranschlüsse teilweise wiederhergestellt, Lebensmittel bringen Unterstützer, und auch ein Arzt hat das Kloster bereits besucht.
Auf Instagram aktiv
Seit Kurzem können Interessierte den Alltag der drei Ordensfrauen sogar live verfolgen: Die betagten Gottesdienerinnen sind nun auch auf Instagram aktiv. Erste Videos zeigen sie beim gemeinsamen Essen, beim Stundengebet und beim Treppensteigen ohne Lift. "Grias Gott, jetzt samma wieder do", heißt es im ersten Clip.
In den Kommentaren erhalten die Schwestern viel Zuspruch. Ihr Kampfgeist scheint geweckt: In einem Kurzvideo fordert Schwester Rita alle, die an ihrer Beweglichkeit zweifeln, zu einem Wettrennen heraus. Es wirkt, als könnte der filmreife Klosterstreit von Goldenstein noch richtig Fahrt gewinnen.