DOMRADIO.DE: Warum ist es gerade für Christinnen und Christen wichtig, wählen zu gehen?
Dr. Antonius Hamers (Leiter des Katholischen Büros in Nordrhein-Westfalen und Domkapitular am St.-Paulus-Dom in Münster): Die Wahl ist eine wichtige Möglichkeit, sich am staatlichen Geschehen zu beteiligen. Die Demokratie lebt davon, dass Menschen von ihrem Recht gebraucht machen, zu wählen. Sie lebt auch davon, dass Menschen dazu bereit sind, sich zur Wahl zu stellen und auf diese Weise politische Verantwortung zu übernehmen.
Zur Wahl zu gehen, ist im Grunde die einfachste Form der Beteiligung an der Demokratie und damit an einem funktionierenden Gemeinwesen. Das ist eine unbedingte christliche Pflicht, sich daran zu beteiligen, um dazu beizutragen, dass die unterste staatliche Ebene und das Gemeinwesen funktionieren.
DOMRADIO.DE: Viele haben das Gefühl, dass "die da oben" ohnehin machen, was sie wollen. Was entgegnen Sie denen, die sagen, dass ihre Stimme nichts bringt?
Hamers: Gerade auf kommunaler Ebene sind es nicht "die da oben", sondern diejenigen, die vor Ort Politik machen und Entscheidungen dafür treffen, dass das Leben in meiner Stadt oder in meinem Dorf funktioniert. Es ist wichtig, sich da zu engagieren. Sei es, dass man sich für ein kommunales Mandat engagiert oder bewirbt, oder aber dass man wählt. Es ist sehr wichtig, dass diese unterstaatliche Ebene gut verwaltet ist, damit sie gut funktionieren kann. Deswegen ist es wichtig, sich zu beteiligen und sich einzubringen.
DOMRADIO.DE: Würden Sie sagen, dass die Kommunalwahl wichtiger ist als die Bundestagswahl?
Hamers: Ich werde nicht eine Wahl gegen die andere ausspielen. Jede staatliche Ebene hat ihre Zuständigkeit und damit auch ihre ihre Berechtigung. Die kommunale Ebene ist insofern eine besondere Ebene, weil die Menschen staatliches Handeln unmittelbar erfahren. Insofern ist es wichtig, dass die kommunale Ebene funktionsfähig ist.
Das beginnt damit, dass die kommunale Ebene zum Beispiel genügend Geld aus den Steuereinnahmen bekommt, damit die Fragestellungen, die auf kommunaler Ebene eine Rolle spielen, gelöst werden können, damit wir funktionierende Schulen, Schwimmbäder, Kindergärten und auch eine gute Infrastruktur in der jeweiligen Kommune haben.
Darüber hinaus sind auch kulturelle Angebote wichtig, um das zwischenmenschliche Leben in der Kommune zu ermöglichen. Insofern ist die Wahl der kommunalen Ebene sehr wichtig.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet es für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, wenn die AfD zweistellige Ergebnisse erreicht?
Hamers: Ich muss immer lösungsorientiert wählen. Ich muss gucken, wen ich wähle. Traue ich demjenigen zu, auf der kommunalen Ebene Lösungen herbeizuführen? Sind sie dazu in der Lage, Probleme zu lösen und die Aufgaben zu erfüllen?
Ich würde meine Wahlentscheidung immer davon abhängig machen, wem ich es am ehesten zutraue, Lösungen zu finden. Das geht auf kommunaler Ebene vielfach nur zusammen mit anderen Parteien. Deswegen gilt es wiederum, die Parteien zu wählen, die dazu in der Lage und willens sind, mit anderen Parteien zusammenzuarbeiten, um gemeinsame Lösungen zu finden und gesellschaftliches Leben möglich zu machen. Es geht darum nicht zu spalten, sondern zu verbinden.
Das Interview führte Tobias Fricke.