Tagung thematisiert Wandel des religiösen Unterwegsseins

Tipps für Pilger

Der Religionssoziologe Michael Ebertz empfiehlt Pilgern Technikverzicht und Offenheit für Veränderung. Zugleich warnt er vor Idealisierungen. Wer vergeblich Heilung oder radikale Wandlung erhofft, könne in Enttäuschung geraten.

Symbolbild Pilger unterwegs / © TunedIn by Westend61 (shutterstock)
Symbolbild Pilger unterwegs / © TunedIn by Westend61 ( shutterstock )

Technikverzicht und Offenheit für Veränderung - das sollten angehende Pilger mit auf den Weg nehmen. "Pack nicht zu viel in den Rucksack. Man muss das Handy nicht zu Hause lassen, es reicht aber, einmal am Tag drauf zu gucken", sagte der Religionssoziologe Michael Ebertz in einem am Montag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). 

Ebertz ergänzte: "Mach dich offen für neue Eindrücke und Erfahrungen mit anderen und mit dir selbst, auch mit Unplanbarkeiten. Rechne damit, dass du dich verändern kannst, und lass es zu."

Prof. Dr. Michael Ebertz, Religionssoziologe und Theologe / © Katholische Hochschule Freiburg (epd)
Prof. Dr. Michael Ebertz, Religionssoziologe und Theologe / © Katholische Hochschule Freiburg ( epd )

Ebertz ist emeritierter Professor der Katholischen Hochschule Freiburg. Mit Kollegen hat er eine Tagung im bayerisch-schwäbischen Donauwörth organisiert, die sich vom 11. bis 13. September mit dem Wandel des Pilgerns im heutigen Europa befasst.

Vorab sagte Ebertz der KNA: "Früher war Pilgern Glaubenssache und kirchlich gerahmt, heute gibt es viel mehr eigene Motivationen." Es gebe etwa Krisenpilger, die nach einer Krankheit oder Scheidung Kommunikation wie in einer Selbsthilfegruppe suchten, und Auszeitpilger, die auf eine Unterbrechung ihres drögen Alltags hofften. "Überdies wird die Publikumsperspektive immer wichtiger. Viele Pilger berichten heute digital von ihrer Reise. Das Smartphone wird zum neuen Pilgerstab."

Idealisierungen und Überfrachtungen

Ebertz sprach auch Risiken an. Es gebe viele Idealisierungen und Überfrachtungen des Pilgerns. "Dass man sozusagen als neuer Mensch zurückkommt. Was geschieht denn, wenn solche Pläne enttäuscht werden, wenn eine ersehnte Heilung ausbleibt? Dem amerikanischen Sozialpsychologen Leon Festinger zufolge können durch gegensätzliche Erfahrungen - Ich pilger doch, weshalb hilft Gott mir nicht - Dissonanzen entstehen."

Symbolbild Pilgern   / © Michael Althaus/KNA (KNA)
Symbolbild Pilgern / © Michael Althaus/KNA ( KNA )

Diese müssten reduziert werden, weil das Leben mit ihnen zu unangenehm werde, so Ebertz. "Das religiöse System hält dafür viele Deutungsmöglichkeiten bereit: Die Heilung läuft vielleicht schon, ohne dass du es merkst. Oder: Der göttliche Ratschluss ist unerforschlich, wer weiß, was Gott mit dir vorhat. Oder: Du warst nicht fromm genug, musst mehr Rosenkranz beten, noch mal nach Lourdes reisen. Da kann Pilgern oder Wallfahren dann gefährlich werden, indem es Menschen in Abhängigkeiten oder in neue Krisen wie Depressionen bringt, weil sie nicht mehr gelassen in den Alltag zurückfinden."

Information der Redaktion: Die internationale Tagung "Der Wandel des Pilgerns im heutigen Europa" findet vom 11. bis 13. September in Donauwörth im Forum für Bildung und Energie/Volkshochschule, Spindeltal 5, statt. Veranstalter ist die Sektion Religionssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kooperation mit der Stadt.

Interessierte können sich unter pilgertagung@donauwoerth.de oder Telefon (09 06) 78 91 51 anmelden. Teilweise ist das Programm kostenpflichtig.

Quelle:
KNA