Machtkampf um Sinai-Kloster scheint beendet

Abt für ein halbes Jahrhundert

Das Katharinenkloster in Sinai besitzt eine der kostbarsten Bibliotheken und Ikonensammlungen der Welt. Seit Monaten hat Abt Damianos um die Leitung gekämpft. Jetzt tritt er zurück und wurde von der griechischen Regierung ausgeflogen.

Katharinenkloster im Sinai / © Kylie Nicholson (shutterstock)
Katharinenkloster im Sinai / © Kylie Nicholson ( shutterstock )

Der Machtkampf im traditionsreichen Katharinenkloster im Sinai scheint beendet. 

Der 90-jährige Abt Damianos willigte offenbar in seinen Amtsverzicht ein und wurde am Samstag von einer griechischen Regierungsdelegation nach Athen begleitet, wie das dortige Außenministerium mitteilte. 

Monatelange Spannungen

Vorausgegangen waren monatelange Spannungen und zuletzt gewalttätige Auseinandersetzungen in dem Wüstenkloster, das eine der kostbarsten Sammlungen alter Handschriften und Ikonen beherbergt und zum UNESCO-Welterbe zählt.

Der Vorgang beschäftigte auch die Regierungen in Griechenland und Ägypten und belastete die Beziehungen zwischen den orthodoxen Patriarchaten von Jerusalem und Konstantinopel.

Laut der griechischen Regierung brachte eine Sondermaschine Damianos und neun Mönche am Samstag aus dem Südsinai nach Athen. Geleitet wurde die Mission von der stellvertretenden Außenministerin Alexandra Papadopoulou und dem Staatssekretär für Religionsangelegenheiten Giorgos Kalantzis. 

"Sichere Aufnahme" des Erzbischofs

Es sei um eine "sichere Aufnahme" des Erzbischofs und griechischer Staatsbürger gegangen. In den nächsten Tagen solle der Prozess der Nachfolge eingeleitet werden, hieß es weiter.

Der Griechisch-Orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilos III., zu dessen Zuständigkeitsbereich das Katharinenkloster liegt, hatte Damianos für Sonntag zu einer außerordentlichen Sitzung der Kirchenleitung nach Jerusalem einbestellt. 

Theophilos III. / © Harald Oppitz (KNA)
Theophilos III. / © Harald Oppitz ( KNA )

Während das Jerusalemer Patriarchat den Abt als abgesetzt ansah, hatte das Ökumenische
Patriarchat von Konstantinopel unter Bartholomaios I., dem Ehrenoberhaupt der christlichen Orthodoxie, noch am 29. August Damianos als rechtmäßigen Leiter bestätigt.

Auslöser der Spannungen waren Kritik am Leitungsstil des Abtes und Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich seiner Finanzverwaltung. Zum Hintergrund gehört weiter ein besitzrechtlicher Dissens zwischen dem griechischen Kloster und der ägyptischen Regierung. Der klosterinterne Streit wurde Berichten zufolge auch mit gegenseitigen Aussperrungen und tätlicher Gewalt ausgetragen.

Ein halbes Jahrhundert Abt

Damianos, am 4. April 1935 in Athen geboren, stand seit Dezember 1973 an der Spitze der Mönchsgemeinschaft im Sinai. In seine Amtszeit fällt die Öffnung der Klosterbibliothek für die wissenschaftliche Forschung und die Digitalisierung der Bestände von unschätzbarem Wert. 

Ursprünglich gehörte dazu auch der Codex Sinaiticus aus dem 4. Jahrhundert. Er enthält die älteste vollständige Fassung des Neuen Testaments.

Katharinenkloster

Das im sechsten Jahrhundert gegründete orthodoxe Katharinenkloster zählt zu den bekanntesten Pilgerorten der Christenheit. Mit seiner bedeutenden Ikonensammlung und Bibliothek zieht das Kloster am Fuß des Mosesbergs auf der Sinai-Halbinsel jährlich Zehntausende Besucher an. 2002 wurde es als UNESCO-Welterbe eingestuft. Das Kloster befindet sich an der Stelle, an der nach dem Bericht der Bibel der brennende Dornbusch stand, in dem Gott Moses erschien und ihn beauftragte, die Israeliten aus Ägypten zu befreien.

Katharinenkloster im Sinaigebirge  (KNA)
Katharinenkloster im Sinaigebirge / ( KNA )


 

Quelle:
KNA