In der Diskussion um den Wehrdienst hat die Grüne Jugend "neue Zwänge für junge Menschen" kritisiert. Dabei wollten diese sich durchaus engagieren, sagte Jakob Blasel, einer der Bundessprecher, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf Anfrage.
Der neue Gesetzesentwurf betone zwar Freiwilligkeit. Aber eigentlich schaffe er "die Grundlage, in wenigen Jahren junge Menschen massenhaft zum Wehrdienst zu verpflichten. Das ist die Wiedereinführung der Wehrpflicht durch die Hintertür." Eine solche würde "unsere Generation aber einseitig in die Pflicht" nehmen, kritisierte er.
Blasel mahnte für einen umfassenden Schutz zudem "mehr Geld und mehr Plätze für Freiwillige in anderen Bereichen" an. Als Beispiele nannte er das Engagement beim Katastrophenschutz, Klimaschutz und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. "Russland führt einen hybriden Krieg mit Desinformation, mit Angriffen auf unseren sozialen Zusammenhalt.
Das können wir nicht nur mit Waffen und Soldaten abwehren." - Die Junge Union wollte auf Anfrage der KNA keine Stellungnahme abgeben. Die Antworten anderer junger Parteiverbände stehen noch aus.
Verbände fordern Beteiligung
In der vergangenen Woche hatten Jugendverbände bereits mehr Mitwirkung junger Menschen an politischen Entscheidungsprozessen gefordert. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sprach sich für die Stärkung eines freiwilligen Wehrdienstes aus. Auch eine Online-Petition sowie die Bundesschülerkonferenz fordern die Beteiligung junger Menschen bei der Ausgestaltung eines Wehrdienstes beziehungsweise eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres.
Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge soll ab 2026 an alle jungen Männer und Frauen ein Fragebogen versandt werden. Männer müssen ihn ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Abgefragt werden soll das Interesse am Dienst in der Bundeswehr. Geeignete Kandidaten und Kandidatinnen werden dann zur Musterung eingeladen.
Ab 2028 sollen alle 18-jährigen Männer zu einer verpflichtenden Musterung gehen - auch wenn sie sich nicht für den freiwilligen Wehrdienst entscheiden. Ziel ist es nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium, eine Einschätzung über die gesundheitliche Eignung deutscher Männer im wehrfähigen Alter zu erstellen.
Mehr Interessenten für Kriegsdienstverweigerung
Unterdessen erleben Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerung durch die Debatte über eine Rückkehr zur Wehrpflicht wachsenden Zulauf. "Bei uns gehen immer mehr Anfragen ein, wenn das Thema Wehrdienst und Wehrpflicht in den Medien ist", sagte der politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFGVK), Michael Schulze von Glaßer, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Allein die Internetseite verzeichnete nach seinen Angaben im August fast 55.000 Aufrufe; im Mai seien es noch unter 24.200 gewesen.
Seit dem Kabinettsbeschluss über die Einführung eines neuen Wehrdienstes vom vorigen Mittwoch habe es in der Beratung einen "Strategiewechsel" gegeben, sagte Schulze von Glaßer: "Bis vor kurzem haben wir Ungedienten - also Zivilisten, die bislang noch nichts mit der Armee zu tun hatten - empfohlen, noch keinen Verweigerungsantrag zu stellen, da sie dann zur Musterung eingeladen worden wären." So würden sie der Armee nicht auffallen.
Seit vergangener Woche empfehle man "allen jungen Menschen - insbesondere denen, die nach dem 1. Januar 2010 geboren wurden - einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu stellen, da sie laut dem neuen Wehrdienstgesetz sowieso gemustert werden sollen".
Auch andernorts mehr Beratungsanfragen
Anträge auf Kriegsdienstverweigerung müssen bei den Karrierecentern der Bundeswehr gestellt werden, weil ihnen eine Tauglichkeitsprüfung durch die Bundeswehr vorausgehen muss.
Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) teilte dem Redaktionsnetzwerk mit, die Wehrpflicht-Debatte habe die Zahl der Beratungsanfragen bereits im vergangenen Jahr um mehr als 30 Prozent ansteigen lassen.
Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben erfasste in der ersten Jahreshälfte 1.363 Anträge zur Anerkennung auf Kriegsdienstverweigerung. 2022 lag die Zahl der Anträge bei 951, im Jahr darauf waren es 1.079 und 2024 insgesamt 2.241.