Wie Seelsorge auf dem Wacken-Festival funktioniert

Harte Schale, weicher Kern?

Wummernde Bässe, harte Metalheads und Schlammfelder vor den Bühnen sind typische Bilder vom Wacken-Festival in Schleswig-Holstein. Wie passt in dieses vermeintlich raue Szenario Seelsorge hinein? Und wie sieht die vor Ort dann aus?

Autor/in:
Julia Reck
Seelsorgeteam beim Wacken Open Air / © Harald Keller (KNA)
Seelsorgeteam beim Wacken Open Air / © Harald Keller ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Wacken-Seelsorge hat längst Tradition. Es gibt sie seit mittlerweile 15 Jahren. Warum ist es denn wichtig, dass die Kirche auf so einem Festival mit dabei ist?

Katharina Schunk (Landesjugendpastorin der Nordkirche und Leiterin des Seelsorgeteams auf dem Wacken-Festival): Wir haben als Kirche ja gar nicht diesen ganz klassischen Missionscharakter. Die Leute dürfen einfach zu uns kommen und erleben ein Gegenüber, das sie erst mal wertschätzend und mit einer absoluten Offenheit annimmt, so wie wir das auf unserem christlichen Boden einfach verstehen und wie wir es auch weitergeben wollen. Jeder darf mit allen kleinen und großen Sorgen und Problemen kommen.

Katharina Schunk

"Es ist eines der freundlichsten und auch entspanntesten Festivals."

DOMRADIO.DE: Dem Klischee nach sind Metalfans eher harte Typen. Kommen die denn wirklich mit ihren Problemen ganz offen zu Ihnen?

Schunk: Definitiv. Und das mit den harten Typen ist tatsächlich auch mehr ein Klischee. Ich mache das Festival in Wacken schon lange mit, es ist eines der freundlichsten und auch entspanntesten Festivals. Die Leute haben eine Offenheit füreinander. Das merkt man auch an den Gesprächskontakten. Dieses Klischee stimmt in dem Moment nicht, wenn man optisch fast furchteinflößende Menschen vor sich sitzen hat, die dann doch recht emotional werden.

DOMRADIO.DE: Was sind denn das für Probleme und Themen, mit denen die Fans zu Ihnen kommen?

Besucher des Wacken-Festivals / © Axel Heimken (dpa)
Besucher des Wacken-Festivals / © Axel Heimken ( dpa )

Schunk: Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal sind die Probleme direkt durch das Festival entstanden. Es sind Konflikte, die hier entstehen. Es sind aber oft auch Sachen, die von zuhause mitgebracht werden. Gerade in den letzten Jahren erleben wir, dass auch psychische Vorbelastungen und psychische Erkrankungen oder zumindest die Sprachfähigkeit darüber noch mal massiv zunehmen. Die werden auch mitgebracht und kommen hier vor Ort hoch, wenn man nicht zwingend damit gerechnet hat. 

DOMRADIO.DE: Premiere hat in diesem Jahr ein sogenannter Safe Space in einem umgebauten Schulbus. Was passiert da? 

Schunk: Der Safe Space Bus ist unser zweiter Standort und sieht extrem cool aus. Innen ist er ausgebaut und es gibt eine Rückzugsmöglichkeit. Der Ort soll signalisieren, dass man hier einfach in Ruhe sein darf. Wir bieten einen geschützten Raum, so gut es eben geht. Wir haben auch entsprechende lautstärkereduzierende Kopfhörer vor Ort sowie Personal, mit dem die Menschen ins Gespräch gehen können. Das wird ganz gut angenommen. Gestern war der erste Festivaltag. Es sind Leute gekommen, die sich dort zurückgezogen haben. Es ist auch innen richtig gemütlich geworden. 

Katharina Schunk

"Wacken ist ein besonderes Gefühl."

DOMRADIO.DE: Sie selbst sind heute Leiterin, aber schon viel länger in der Wacken-Seelsorge dabei. Sie haben sogar ihre Examensarbeit darüber geschrieben. Was gefällt Ihnen persönlich denn so gut daran? Ist das die Musik? 

Schunk: Einerseits ist es die Musik. Andererseits ist es aber auch die Stimmung. Wacken ist ein besonderes Gefühl.  Ich bin seit 2011 in diesem Team. Das ist für mich ein bisschen wie nach Hause zu kommen. Man wächst zusammen, auch mit den Einsatzkräften. Hier ist eine ganz spannende Dynamik entstanden. Wir sind gut mit Polizei, Sanitätern und anderen vernetzt, sodass man einfach miteinander gut im Kontakt steht. Das ist wichtig.

Das Interview führte Julia Reck.

Quelle:
DR

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