Misereor fordert Waffenruhe im Gazastreifen

Lage ein "Albtraum"

Mit Blick auf den Gazastreifen spricht der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor von einem "politischen Versagen auf ganzer Linie". Er betont dabei ausdrücklich, dass Misereor auch an der Seite der Israelis stehe.

Menschen in Gaza leiden unter Hunger / © Anas-Mohammed (shutterstock)
Menschen in Gaza leiden unter Hunger / © Anas-Mohammed ( shutterstock )

Das katholische Hilfswerk Misereor fordert eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen. Diese könne die Grundlage für einen dauerhaften Frieden in Israel und den palästinensischen Gebieten sein, erklärte Hauptgeschäftsführer Andreas Frick am Samstag in Aachen. "Die Lage in Gaza ist ein Albtraum - und ein politisches Versagen auf ganzer Linie", so Frick. "Als Organisation, die an der Seite der von Gewalt und Hass betroffenen Menschen in Israel und in den Palästinensischen Gebieten steht, erinnern wir bei Misereor unmissverständlich daran: Aus der historischen Verantwortung unseres Staates ergibt sich die Pflicht, das Völkerrecht kompromisslos zu wahren." Diese Verantwortung werde derzeit massiv verletzt.

Andreas Frick / © Andreas Steindl (Bistum Aachen)

Frick kritisierte eine "zurückhaltende Positionierung" der Bundesregierung. Diese hatte am Freitag mitgeteilt, anders als Frankreich Palästina zumindest vorerst nicht als Staat anerkennen zu wollen. Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte, eine Anerkennung könne nur einer der abschließenden Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung sein. Israels Sicherheit habe für die Bundesregierung übergeordnete Bedeutung. Dauerhaft könne nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser bringen.

Ungehinderten Zugang für Hilfe im Gaza-Streifen

Es brauche jetzt einen Waffenstillstand in Gaza, so Kornelius. Die Geiseln, darunter deutsche Staatsangehörige, müssten freikommen. Zudem müsse die Hamas entwaffnet werden. Israel müsse die katastrophale humanitäre Lage im Gaza "sofort und drastisch verbessern". Als völkerrechtswidrig und unakzeptabel kritisierte Misereor zudem "jede Form der Zwangsumsiedlung der palästinensischen Bevölkerung aus Gaza sowie Forderungen nach einer Annexion des Westjordanlands".

Misereor forderte jetzt unter anderem, angesichts der Hungersnot im Gaza-Streifen die "unverzügliche Öffnung sämtlicher Grenzübergänge für den ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe". Die Partnerorganisationen von Misereor im Gaza-Streifen kämpfen nicht nur für das Überleben der Betroffenen, sondern auch für Würde und Gerechtigkeit, erklärte Frick. Sie leisteten Übermenschliches im Angesicht von Hunger, Bomben und des weitgehenden Zusammenbruchs medizinischer Versorgung.

Seit Wochen blockierte Hilfslieferungen

Die Menschen im Gaza-Streifen benötigen eine sofortige Waffenruhe, die die Grundlage für einen dauerhaften Frieden in Israel und den palästinensischen Gebieten bilde, erklärte Frick. Rüstungsexporte nach Israel dürften nicht genehmigt werden, wenn der Verdacht bestehe, "dass die Rüstungsgüter zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht benutzt werden könnten". 

Israel blockiert seit Wochen Hilfslieferungen in größerem Umfang für den Gaza-Streifen, unter anderem wegen des Vorwurfs, diese würden von der Hamas instrumentalisiert. Die UN weisen die Vorwürfe zurück. Laut Welternährungsprogramm ist die gesamte Bevölkerung Gazas - etwa zwei Millionen Menschen - von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen.

"Aushungern ein Kriegsverbrechen"

Auch dürften Rüstungsexporte nach Israel nicht genehmigt werden, "wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass die Rüstungsgüter zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht benutzt werden könnten". "Das systematische Aushungern einer Zivilbevölkerung ist ein Kriegsverbrechen", erklärte er. Aus der historischen Verantwortung Deutschlands ergebe sich die Pflicht, das Völkerrecht kompromisslos zu wahren, sagte Misereor-Hauptgeschäftsführer Frick. Diese Verantwortung werde derzeit massiv verletzt, auch durch die zurückhaltende Positionierung der Bundesregierung.

Der jüngste Nahostkrieg begann mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem zahlreiche Israelis getötet und entführt wurden. Wegen der Art der Kriegsführung steigt der internationale Druck auf Israel, auch seitens westlicher Verbündeter. In Deutschland gab es zuletzt eine Debatte, weil die Bundesregierung eine Erklärung mehrerer Staaten mit Kritik an der israelischen Kriegsführung nicht unterzeichnet hatte.

Bischöfliches Hilfswerk Misereor

Misereor ist das weltweit größte kirchliche Entwicklungshilfswerk. Es wurde 1958 von den katholischen Bischöfen in Deutschland auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet.

Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort "Misereor super turbam" (Ich erbarme mich des Volkes). Sitz des Hilfswerks ist Aachen.

Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor (MISEREOR)
Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor / ( MISEREOR )
Quelle:
epd , KNA