Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa hat erneut eindringlich ein Ende des Gaza-Krieges gefordert. Er könne nicht beurteilen, ob der jüngste Beschuss der katholischen Kirche von Gaza ein militärische Fehlleistung gewesen sei, sagte Pizzaballa am Freitagabend im ZDF heute journal. Die einfache Lösung sei aber, den Krieg zu beenden.
Der höchste katholische Kirchenvertreter in der Region hatte zuletzt Gaza besucht. Er habe sich dort "machtlos und hilflos gefühlt", sagte er. Die Nahrungsmittel seien aufgebraucht; überall gebe es lange Schlangen. Die Menschen seien zu unterernährt, um selbst noch Blut spenden zu können. So seien auch keine Bluttransfusionen für Kranke und Verletzte mehr möglich. Vielen Menschen hätten einfach alles verloren.
"Nicht nur beschweren - etwas tun"
Angesprochen auf den Vorstoß von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Palästina als Staat anzuerkennen, sagte Pizzaballa: Das palästinensische Volk "wünscht sich ein Ende dieses Krieges; aber sie möchten auch einen Ort haben, an dem sie zuhause sein können". Die römisch-katholische Kirche habe die Palästinenser schon seit langem als Staat anerkannt. Der Kardinal wörtlich: "Wir können uns nicht nur beschweren - wir müssen etwas tun." Dazu gehöre auch, weiter diplomatischen Druck aufzubauen.
Auf die Frage, ob er als hoher Kirchenvertreter nicht Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu persönlich ins Gewissen reden könnte, sagte der Patriarch, man habe sehr wohl alles versucht, diesen Krieg zu beenden. Es gebe aber auf beiden Seiten viel Verhärtung. Pizzaballa (60) ist der höchste Vertreter der römischen Kirche im Heiligen Land. In seinen Verantwortungsbereich fallen Israel, Palästina, Jordanien und Zypern. Als Patriarch von Jerusalem ist der Norditaliener eine Schlüsselfigur in der Vermittlung zwischen den Religionen dort. Friedenspolitisch tritt Pizzaballa immer wieder nachdrücklich für eine Zwei-Staaten-Lösung ein.
Seit 1990 in Jerusalem
Der Ordensmann der Franziskaner, der neben Italienisch und Englisch auch fließend Hebräisch spricht, lebt seit 1990 in Jerusalem. Im Herbst 2020 ernannte ihn Papst Franziskus zum Patriarchen von Jerusalem; ein Jahr später machte er ihn zum Kardinal. Bei der jüngsten Papstwahl gehört Pizzaballa zu den vielgenannten Kandidaten.
Nach den Massakern der Hamas in Israel am 7. Oktober bezog er klare Position, wie er auch den Tod und Zerstörung in Gaza anprangerte. Weltweite Achtung erzielte er mit seiner zu Kriegsbeginn erklärten Bereitschaft, sich gegen israelische Geiseln der Hamas austauschen zu lassen.