Malteser werben für mehr Krisenresilienz

"Konsequenz aus einer unsicheren Welt"

Krise und Kriege bestimmen die Schlagzeilen: Die Bundesregierung und auch das Malteser-Hilfswerk werben für mehr Eigenhilfe der Bürger bei Krisen. Ex-General Martin Schelleis erklärt, worauf es bei der Krisenbewältigung ankommt.

Autor/in:
Heike Sicconi
Vorbereitung und Vorräte für einen Krisenfall / © New Africa (shutterstock)
Vorbereitung und Vorräte für einen Krisenfall / © New Africa ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Es gibt von verschiedenen Organisationen Listen, auf denen steht, was man alles für den Krisenfall braucht. Das reicht von Wasser über Taschenlampe bis hin zum Radio. Mal abgesehen von der materiellen Vorsorge, wie könnten wir uns auch innerlich vor Krisen wappnen?

Martin Schelleis (General a.D. und Bundesbeauftragter für Krisenresilienz, Sicherheitspolitik und Zivil-Militärische Zusammenarbeit bei den Maltesern): Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir müssen den Dingen ins Auge sehen. Die persönliche Vorsorge ist eine Konsequenz aus einer unsicheren Welt. Es kommt zwar nicht automatisch zu einer Katastrophe in Deutschland, aber wir haben in der letzten Zeit so viel jenseits von kriegerischen Erlebnissen erlebt. 

Martin Schelleis, Malteser Bundesbeauftragter für Krisenresilienz / © P. Richardt (Malteser)
Martin Schelleis, Malteser Bundesbeauftragter für Krisenresilienz / © P. Richardt ( Malteser )

Denken wir an die Hitzewelle und die Dürre. Jetzt der ordentliche Regen – Stichwort Starkregen und Flut. Wir haben Ausfälle von IT-Systemen in der öffentlichen Verwaltung und einen großflächigen Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel gehabt. 

Das sind alles keine Fantastereien, sondern ganz praktische Probleme, die uns einholen können. Es ist sinnvoll, den Tatsachen ins Auge zu schauen und daraus den Schluss zu ziehen: Wir müssen uns persönlich, aber auch gesamtgesellschaftlich auf Krisen und Risiken einstellen und unser gesamtes gesellschaftliches, staatliches System resilienter aufstellen.

Martin Schelleis

"Die Angst ist die Reaktion auf eine ungewisse Realität."

DOMRADIO.DE: Das ist schon eine beängstigende Kulisse. 

Schelleis: Finde ich nicht. Denn die Angst ist die Reaktion auf eine ungewisse Realität. Manche verweigern geradezu die Konfrontation mit den Nachrichten. Sie wollen gar keine Nachrichten mehr hören, weil das ja alles so schrecklich sei. Das ist der ganz falsche Weg. 

Im Gegenteil, wir müssen genau hinhören. Genau das ist unsere Verantwortung als leistungsfähige Menschen gegenüber den vulnerablen GruppenEinen Teil dieser großen Unsicherheit, vor der wir alle stehen, können wir durch Vorbereitung abbauen. Das beruhigt. Das ist wie vor einer Schularbeit. Man kann nicht den gesamten Stoff auswendig lernen, aber wenn man das repetiert, was man gehört hat, dann ist man beruhigter. 

Gerade wenn wir von kriegerischen Ereignissen ausgehen – je besser wir vorbereitet sind und je deutlicher wir machen, dass wir willens sind, unsere Lebensweise zu verteidigen, desto unattraktiver ist ein Angriff. Wir können durch kluge Vorbereitungen die Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmter Risiken reduzieren. 

DOMRADIO.DE: Sie waren ein Drei-Sterne-General. Ich nehme an, Ihre Expertise ist sehr gefragt. Warum haben Sie sich entschieden, die Malteser zu unterstützen? 

Schelleis: Ich bin Malteser-Ritter und die Malteser haben mich mit meiner Pensionierung vergangenen Sommer gefragt, ob ich sie nicht ehrenamtlich zur Frage, was die neue Zeit für die Malteser bedeutet, beraten kann. Einmal als Hilfsorganisation, die im Rahmen der Gesamtverteidigung auch die Bevölkerung schützt, aber auch Altenheime, soziale Einrichtungen, Hospize usw. betreibt, die von Störungen in der Regelversorgung beispielsweise durch Stromausfälle betroffen sein werden. 

Es ist sinnvoll, dass sich der gesamte Malteser-Verbund darauf einrichtet. Da liegt es natürlich nahe, dass ich mich als Mitglied des Malteser-Ordens in meinem Bereich engagiere. 

Martin Schelleis

"Es ist hilfreich für die einzelne Person im Glauben verwurzelt zu sein, aber es ist viel besser, wenn das im praktischen Tun nach außen deutlich wird."

DOMRADIO.DE: Die Malteser sind ein katholisches Hilfswerk. Welche Rolle spielt bei Ihnen persönlich der christliche Hintergrund? 

Schelleis: Das ist natürlich das Fundament. Der Wahlspruch der Malteser lautet seit 900 Jahren "Bezeuge den Glauben und helfe den Armen". Und das drückt aus, wie es ganz praktisch ist. Ja, es ist hilfreich für die einzelne Person im Glauben verwurzelt zu sein, aber es ist viel besser, wenn das im praktischen Tun nach außen deutlich wird. 

Es ist meine persönliche Motivation, auch für andere, die das selber nicht können, mitzudenken um möglichen Katastrophen besser begegnen zu können, damit wir möglichst schadlos daraus kommen.

Martin Schelleis

"Grundvorbereitung ist in jedem Fall sinnvoll."

DOMRADIO.DE: Sie haben keine Glaskugel, in die Sie gucken können. Aber für wie wahrscheinlich halten Sie es als Fachmann, dass wir schon bald unsere Vorsorgepakete brauchen könnten? 

Schelleis: Das ist ganz schwer zu beziffern, aber ich denke, es ist nicht nur wahrscheinlich, sondern absolut realistisch, dass eine oder mehrere dieser diversen Risiken uns ereilen werden. Ich rede nicht von 20, 30 oder 40 Prozent Wahrscheinlichkeit, sondern es wird uns definitiv ereilen. Deswegen ist die Grundvorbereitung in jedem Fall sinnvoll.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Quelle:
DR

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