Brauchtumsexperte weiß um historischen Ursprung des Siebenschläfertags

Gedenktag und Bauernregel

Der "Siebenschläfertag" erinnert an die sieben Schläfer von Ephesus. Über die Geschichte hinter dem Gedenktag und die Bedeutung der damit verbundenen Bauernregeln klärt der Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti auf.

Autor/in:
Annika Weiler
Siebenschläferhöhle von Ephesus / © Nejdet Duzen (shutterstock)
Siebenschläferhöhle von Ephesus / © Nejdet Duzen ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Der Name "Siebenschläfertag" klingt erst mal nach dem Tier, hat aber damit gar nichts zu tun, oder? Woher kommt die Bezeichnung wirklich? 

Manfred Becker-Huberti / © Harald Oppitz (KNA)
Manfred Becker-Huberti / © Harald Oppitz ( KNA )

Prof. Dr. Manfred Becker-Huberti (Theologe und Brauchtumsforscher): Es gab eine uralte Legende aus der Mitte des 3. Jahrhunderts, die erzählt, dass sieben junge Männer vor der Verfolgung unter Kaiser Decius im Jahr 251 in die Berge flüchteten, dort eine Höhle fanden und sich darin versteckten. 

Ihre Verfolger haben sie entdeckt und haben die Höhle zugemauert. Sie glaubten, sich dieser Christen auf diese Art und Weise entledigt zu haben. Die Christen sind eingeschlafen und dann wieder erwacht – vergangen waren 195 Jahre. Sie zeigten sich den Menschen und bezeugten, dass an ihnen ein Wunder geschehen war und starben dann. 

Diese Erzählung markiert dann den Tag, den 27.06., der als Gedenktag für die Leute eingerichtet wurde, die als Heilige galten. Heiligengedenktage dienten zur Verortung von Wetterregeln. Wenn man im bäuerlichen Umfeld bemerkte, dass sich in der Zeit, in der ein solcher Gedenktag stattfand, irgendetwas am Wetter ändert, dann hat man das in Spruchform festgehalten und mit diesem Tag verbunden. 

Das Problem an diesem Tag ist allerdings, dass es im 16. Jahrhundert eine Kalenderreform gab. Die hat zehn Tage ersatzlos gestrichen. Wenn wir also das Wetterphänomen heute festmachen wollten, dann müssten wir es auf den 7. Juli datieren. Diese Verschiebung muss man sehen. Und man darf es nicht exakt auf einen Tag nehmen, sondern man muss die Wetterphase dieser Zeit beobachten, um dann seine Schlussfolgerungen zu ziehen. 

Manfred Becker-Huberti

"Die Regel, die hier an einem Gedenktag im liturgischen Kalender festgemacht wird, ist nicht so falsch."

Unsere Vorfahren wussten nicht, weil ihnen die wissenschaftlichen Voraussetzungen dazu fehlten, dass es in dieser Zeit tatsächlich eine Auseinandersetzung zwischen einem Azorenhoch, das sich Richtung Norden schiebt und schlechtem Wetter, das sich vom Norden zum Süden schiebt, gibt. Je nachdem, was stärker ist, behält die Oberhand und wird die nächsten Wochen das Wetter gestalten. "Das Wetter am Siebenschläfertag noch sieben Wochen bleiben mag", sagt eine bekannte Bauernregel. Oder auch: "Ist der Siebenschläfer nass, regnet's ohne Unterlass."

Die Regel ist in Süddeutschland entstanden und nimmt auch dieses süddeutsche Wetterphänomen in den Griff. Der "Spiegel", der ja alles kritisch hinterfragt, hat dieses Wetter im Jahr 2000 untersuchen lassen und festgestellt, dass dieses Phänomen in acht von zehn Sommern auftritt und dass die Trefferquote in Süddeutschland bei 67 Prozent liegt, im Norden immerhin noch bei um die 50 Prozent. Das heißt also, die Regel, die hier an einem Gedenktag im liturgischen Kalender festgemacht wird, ist nicht so falsch.

DOMRADIO.DE: Viele Bauernregeln wie diese, beruhen auch auf einer jahrhundertelangen Naturbeobachtung. Aber lässt sich das denn heute überhaupt noch anwenden, wenn wir an den Klimawandel denken? 

Becker-Huberti: Das ist eine Frage, die noch keiner richtig beantworten kann. Man kann nur zur Kenntnis nehmen, wie die Regel bisher war und versuchen festzustellen, wie weit die Gegenwart und die Zukunft davon abweichen werden. 

Manfred Becker-Huberti

"Dieses Wetter entschied darüber, ob man hungern musste oder ob man genügend zu essen hatte."

DOMRADIO.DE: Warum ist es wichtig, auch heute noch einen Blick auf so eine alte Heiligenlehre zu werfen? 

Becker-Huberti: Es ist eine Erfahrung, die unsere Vorfahren gemacht haben, und es ist nicht schlecht, sich auf diese Erfahrungen zu berufen. Nicht, weil sie unvermindert weiter gilt, sondern weil sie zeigt, dass die Menschen in früherer Zeit noch ganz anders vom Wetter abhängig waren als wir. Dieses Wetter entschied darüber, ob man hungern musste oder ob man genügend zu essen hatte. 

Dementsprechend bedeutet es für uns, die wir gewohnt sind, dass wir alles im Supermarkt finden und jederzeit greifen können, dass wir merken, wie wir von der Natur abhängig sind. Diese Natur verlangt von uns, dass sie von uns Rücksicht erfährt. Wenn wir mit der Natur weiter so umgehen, wie wir das bisher gemacht haben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Natur uns straft.

Das Interview führte Annika Weiler.

Quelle:
DR

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