DOMRADIO.DE: Was halten Sie vom Klischee des Liedermachens? Trifft es auf Sie zu?
Manfred Maurenbrecher (Liedermacher): Ich habe mit dem Wort selber nie Probleme gehabt, weil es auch Filmemacher gibt. Dazu kann man auch "Regisseur" sagen. "Songwriter" ziehen jüngere Kolleginnen und Kollegen gerne vor. Ich finde, ich mache Lieder. Also, warum soll ich mich nicht als Liedermacher bezeichnen?
DOMRADIO.DE: Sie sind seit Jahrzehnten im Geschäft, auch für andere Künstler und Künstlerinnen wie z.B. Ulla Meinecke. Mit Ihrem neuen Album "Vielleicht vielleichter" waren Sie bis jetzt auf Tournee. Erhöht der Titel sozusagen eine Wahrscheinlichkeit?
Maurenbrecher: Ja, also die Hoffnung in dem ist vielleicht doch, dass auf dieser Welt, wo so viel derzeit so schwerfällt, eine Leichtigkeit hereinbricht und vielleicht kommt genau die "vielleichter" daher. Das ist einfach nur ein Wortspiel.
DOMRADIO.DE: Welche politischen Themen kommen denn in Ihrem neuen Album vor?
Maurenbrecher: Ich beschäftige mich zum Beispiel mit dem fadenscheinigen Pazifismus mancher Leute, die nie Pazifisten waren, aber bei diesem Konflikt (Anmerkung der Red.: Russland-Ukraine-Krieg) sagen: "Ich bin schon deshalb gegen Waffenlieferungen, weil ich ja Pazifist bin."
DOMRADIO.DE: Wie bewerten Sie den Kurs der Bundesregierung, die Ukraine zu unterstützen und was halten Sie diesbezüglich von der Aufrüstung?
Maurenbrecher: Ich denke, wir müssen uns nach Jahren des Militärabbaus darauf einstellen, dass wir auch angegriffen werden können. Das haben wir ja in der Nachbarschaft gesehen. Ich glaube, dass es um Gefahrenabwehr und nicht um die Planung eines Angriffskrieges geht.
DOMRADIO.DE: Das sehen viele Kirchenvertreter ähnlich, die Kirchen sind ja ohnehin in der Ukraine-Hilfe sehr aktiv.
Maurenbrecher: Das ist großartig, dass man Menschen, die fliehen mussten, unterstützt und dafür sorgt, dass sie hier in kirchliche Gemeinden kommen.
DOMRADIO.DE: Sie wohnen als Berliner unweit von Berlin in einem kleinen Dorf, in dem Sie eine Kirchenaktion gegen Rechtsextremismus unterstützt haben?
Maurenbrecher: Ja, dort gibt es eine hohe AfD-Wählerschaft und als eine bekannte Grünen-Politikerin dort bei einer Veranstaltung gestört wurde, hat der Dorfpfarrer Themengruppen gebildet, um einen anderen Umgang miteinander zu finden.
Das Motto war: "Wir reden und streiten miteinander, aber wir bestehen darauf, dass man freundlich miteinander umgeht und versucht, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen."
DOMRADIO.DE: Wie sehr hat Sie die Kirche als getauften Protestanten geprägt?
Maurenbrecher: Meine Eltern waren sehr gläubige Menschen, meine Mutter sehr sozial engagiert. Sie hat in unserer Kirchengemeinde ältere Menschen betreut. Mein Vater ging eher in Kurse und wollte wissen, wie die Bibel entstanden ist. Er kam von der wissenschaftlichen Seite zum Glauben.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit ihm als Kind: Ich hatte ihm erzählt: "Ich sah Gott in einem blauen Himmel." Er antwortete: "Das glaube ich dir, aber in Wirklichkeit zeigt sich Gott nicht." Das hat mir zum Nachdenken geholfen.
Ich glaube aber, dass eine Sache für einen Gläubigen ganz wesentlich ist: dass alle Menschen vor Gott gleich sind, dass es keine Klassen gibt, dass diese Unterschiede, die wir hier haben, ausgeglichen werden müssen zum Übergang in das jenseitige Reich.
DOMRADIO.DE: Wie könnte sich die Welt gestalten, wenn sich die Menschen etwas mehr an Liedermachern orientieren?
Maurenbrecher: Toleranter auf jeden Fall und vielleicht lebenswilliger. Ich glaube, das Schöne an Liedern ist, dass man Lebensmut bekommt. Die Musik selber hat eine Kraft, die zum Leben auffordert.
Das Gespräch führte Bernd Knopp.