DOMRADIO.DE: Sie haben alles erlebt – große Erfolge als Musiker, den weltweiten Charterfolg mit Nena, deren "99 Luftballons" international die US-Charts stürmte. Dazu kommt noch Ruhm als Filmkomponist für Filme wie "Lola rennt" und "Das Parfum". Was ist für Sie daran am bemerkenswertesten?
Reinhold Heil (Deutsche Musiklegende): Man braucht außer Talent und Achselschweiß auch Glück. Das Glück, die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt getroffen zu haben. Dazu gehört hauptsächlich erst mal Nina Hagen.
DOMRADIO.DE: Mit ihr haben Sie in den 1970er-Jahren gearbeitet. Die beiden Alben "Nina Hagen Band" und "Unbehagen" wurden zu Klassikern deutschsprachiger Rockmusik. Sie selbst sagt von sich, sie sei eine gläubige Christin. Das hatte man ihr früher gar nicht zugetraut, oder?
Heil: Ich kann es nicht genau beantworten. Sie hat vielleicht Angst vor der sogenannten Hölle. Sie hat vielleicht festgestellt, dass sie Dinge getan hat, die nicht so gut sind. Wenn sie Christin ist, dann sollte sie vielleicht zur Beichte gehen. Das Prinzip ist, dass man Vergebung bekommt. Deswegen weiß ich nicht, warum sie so eine Angst hat. Das ist nur ein Verdacht von mir.
DOMRADIO.DE: Sie haben einen christlichen Hintergrund und waren sogar Messdiener. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?
Heil: Beide Eltern waren katholisch, ich bin zur Kommunion gegangen. Danach war ich im Kirchenchor. Das war damals anders als heute. Damals waren das drei bis vier Personen, die zusammen mit dem Kantor das Hochamt bestritten haben.

Es führt leider nicht immer zu den gleichen Talenten wie beim amerikanischen Gospel, der ist kontemplativer zur Popmusik. Mich hat besonders in der Kirchenmusik der Protestant Bach (Anmerkung der Red.: Johann Sebastian Bach) geprägt.
DOMRADIO.DE: Gehen Sie gerne auch heute noch in die Kirche?
Heil: Ich gehe immer gerne in die Kirchen. Man hat ja im höheren Alter auch schon Menschen verloren wie Eltern, Lebenspartner, Verwandte und Freunde.
Ich gehe in die Kirche und zünde Kerzen an. Das mache ich unheimlich oft.
DOMRADIO.DE: Sie wohnen in Italien. Bekommen Sie da viel von der italienischen Frömmigkeit mit?
Heil: Es gibt in Italien so viele Kirchen. Die Kirche ist sehr akzeptiert und ist da. Man bekommt mehr mit. Als der alte Papst starb, standen in Italien alle Räder still. Man muss dazu auch sagen, dass sowohl Franziskus und vielleicht noch mehr der neue Papst Leo einem wirklich Mut macht, dass die Kirche in die richtige Richtung steuert.
Ich bin für die Trennung von Kirche und Staat. Andererseits ist die Kirche eine so große Institution, die positiven Einfluss ausüben kann und sollte, und ich glaube, dass Leo XIV. da ein gutes Zeichen ist.
DOMRADIO.DE: Franziskus sagte bereits, man möge an die Ränder der Gesellschaft gehen. Papst Leo XIV. will auf seine Weise diesen Kurs fortführen. Was wünschen Sie sich von der Kirche unter dem Pontifikat dieses neuen Papstes?
Heil: Wenn er möchte, dass die Leute wieder in die Kirche gehen wollen, dann ist es die Friedensbewegung gegen den Faschismus. Sowohl Faschismus als auch Super-Kapitalismus sind fundamental antichristlich. Das ist einfach nicht im Sinne Jesu Christi.
DOMRADIO.DE: Sie haben auch als Filmmusiker mit "Lola rennt" und "Das Parfum" Erfolge gefeiert. Jetzt haben Sie ein deutschsprachiges Soloalbum mit einem provozierenden Titel "Freiheit Geilheit Männlichkeit" veröffentlicht. Ist das so provozierend gemeint?
Heil: Na ja, es geht mir dabei um toxische Männlichkeit, die antifeministisch ist. Es gibt Influencer im Internet, die jungen Männern einreden, sie müssten die Frauen dominieren. Herbert Grönemeyer hat sich mit dem Thema toxische Männlichkeit schon in "Männer" auseinandergesetzt.
Ich glaube, was dieses Thema betrifft, kann ich auch sagen, dass die katholische Kirche in die richtige Richtung geht und die Gesellschaft in die falsche.
Das Interview führte Bernd Knopp.