Priester aus der Weltkirche wirken in vielen Pfarreien in Deutschland. Sie feiern Gottesdienste, spenden Sakramente, bieten Seelsorge an – und lindern damit die Folgen des Priestermangels hierzulande. In den allermeisten Fällen sind sie eine große Bereicherung für das kirchliche Leben. Doch manchmal sind sie auch das genaue Gegenteil.
Das Bistum Eichstätt teilte etwa vor kurzem mit, dass es das Dienstverhältnis mit einem aus dem Ausland stammenden Priester mit sofortiger Wirkung beendet hat. Als Grund gab die bayerische Diözese Vorwürfe von sexuellem Missbrauch an, für die es "tatsächliche Anhaltspunkte" gebe. Die mutmaßlichen Taten sollen im Heimatland des Geistlichen stattgefunden haben, weshalb seine Herkunftsdiözese umgehend informiert wurde.
Ein anderer Fall aus dem Bistum Münster, bei dem es ebenfalls um einen Missbrauchsvorwurf geht, machte nun international Schlagzeilen. Dabei geht es um Ordensmann aus Indien, der von 2001 bis 2012 und danach von 2017 bis 2024 in der Diözese eingesetzt war. Im März dieses Jahres hatte sich eine betroffene Person an das Bistum Münster gewandt und von sexuellem Missbrauch durch ihn berichtet. Die Übergriffe sollen in den Jahren zwischen 2005 und 2007 stattgefunden haben. Eine zusätzliche Brisanz erhält dieser mutmaßliche Missbrauchsfall dadurch, dass der beschuldigte Priester 2024 zum Bischof in einer indischen Diözese geweiht wurde.
Bischof plante Reise nach Deutschland
Das Bistum Münster teilte im April mit, dass es die Vorwürfe ernst nehme und die Verfahrensregeln von Papst Franziskus aus dem Jahr 2019 angewandt habe, die bei Beschuldigungen gegen Bischöfe gelten. "Hiernach ist das Bistum, bei dem die Vorwürfe erhoben werden, verpflichtet, sowohl das Dikasterium für die Glaubenslehre in Rom als auch den Metropoliten der Kirchenprovinz, in dem der Beschuldigte seinen Wohnsitz hat, zu informieren", heißt es in der Mitteilung, die das Bistum Münster am Montag gegenüber DOMRADIO.DE nochmals bestätigte.
"Im Fall des Bischofs ist das der Erzbischof von Hyderabad, Kardinal Anthony Poola." Poola muss nun beim Glaubensdikasterium dafür sorgen, dass der mutmaßliche Missbrauchsfall um den heutigen Bischof untersucht wird. Unabhängig vom kirchenrechtlichen Verfahren meldete das Bistum die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Münster.
Die indische Nachrichtenseite "The News Minute" berichtete vor wenigen Tagen, dass der Münsteraner Diözesanadministrator Antonius Hamers dem entsprechenden Bischof im April einen Brief geschickt hatte, in dem er ihm jedwede pastorale Tätigkeit auf dem Gebiet des Bistums Münsters untersagte.
Der indische Bischof hatte in der Vergangenheit die Pfarreien, in denen er in Deutschland gewirkt hatte, immer wieder besucht. Eine solche Reise in die Kirchengemeinde Sankt Bartholomäus in Essen (Oldenburg) plante er für den Mai. Dort hatte er von 2020 bis zu seiner Ernennung zum Bischof 2024 als Priester gewirkt. Deshalb verbot Hamers ihm, dort kirchlich in Erscheinung zu treten.
Wenn man die Berichte in Zeitungen und auf Internetseiten der Kirchengemeinden liest, in denen der Geistliche im Bistum Münster wirkte, erhält man durchweg ein positives Bild des heutigen Bischofs. Der 61-Jährige, der der Ordensgemeinschaft der Missionare des heiligen Franz von Sales angehört, wird darin als "charismatischer Missionar" beschrieben, der segensreich in Deutschland gewirkt habe. Er war bei den Gläubigen sehr beliebt und sogar Präses der Kolpingsfamilie in Essen. Mehrere Kirchengemeinden unterstützten dessen Hilfsprojekte für Kinder mit Spenden. Es finden sich auch einige Berichte, die von Besuchen deutscher Katholiken bei ihm in Indien zeugen.
Mögliche Taten könnten verjährt sein
Dass die Aufklärung von möglichen Missbrauchsfällen auf weltkirchlicher Ebene immer noch besonders schwierig ist, zeigen die weiteren Recherchen von "The News Minute". Die Nachrichtenseite fand heraus, dass die Mitteilung des Bistums Münster über die Missbrauchsvorwürfe bei Kardinal Poola anscheinend nicht angekommen ist. Die Erzdiözese von Hyderabad teilte demnach mit, dass sie aus den sozialen Medien von den Vorwürfen sexueller Übergriffe durch den indischen Bischof erfahren habe.
Gegenüber DOMRADIO.DE erklärt das Bistum Münster in einer Mitteilung: "Das Bistum Münster hat am 23. April den Dikasterien für die Glaubenslehre und für die Bischöfe das am 17. April erlassene Dekret zugleitet, mit dem Hinweis, dass das Dikasterium der Bischöfe den Metropoliten in Hyderbad informieren möge. Dies war mit dem Dikasterium für die Glaubenslehre abgestimmt und ist üblich."
Auch in Deutschland könnte der heutige Bischof für die mutmaßlichen Taten eventuell nicht zur Verantwortung gezogen werden. Die Münsteraner Staatsanwaltschaft teilte den indischen Journalisten mit, dass geprüft werden müsse, ob die Übergriffe inzwischen verjährt seien. Die Aufklärung des mutmaßlichen Missbrauchsfalls um den in Deutschland beliebten indischen Bischof kommt offensichtlich nur langsam voran.