Katholischer Flüchtlingsgipfel berät über künftige Herausforderungen

"Humanität nicht abbauen"

Bei einem Treffen in Mainz gibt es Kritik an den geplanten Änderungen in der Flüchtlingspolitik, an US-Vizepräsident Vance und an Bundestagspräsidentin Julia Klöckner. Es gelte die Menschen fit zu machen für "Transformationsprozesse".

Symbolbild Flüchtlingsunterkunft / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild Flüchtlingsunterkunft / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Flüchtlingsschutz in Deutschland muss aus Sicht von Erzbischof Stefan Heße weiterentwickelt werden. "Die Humanität darf nicht abgebaut werden", warnte er am Mittwoch in Mainz beim neunten Flüchtlingsgipfel der katholischen Kirche. Die Debatte um Flüchtlinge sei so zugespitzt, dass viele Menschen das Thema Migration für die größte Herausforderung hielten. 

Statt politischer Zuspitzung brauche es eine differenzierte und lösungsorientierte Herangehensweise. Doch der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD wirft aus Sicht des Vorsitzenden der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz Fragen auf. Der Hamburger Erzbischof kritisierte unter anderem die Aussetzung des Familiennachzugs und Zurückweisungen an den Grenzen.

Kritik an Klöckner und Vance

Die Freiburger Professorin für christliche Gesellschaftslehre, Ursula Nothelle-Wildfeuer, wies die Kritik von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner an politischen Wortmeldungen der Kirchen zurück. "Das verfehlt eindeutig die Botschaft des Evangeliums." Wenn die Welt brenne, gebe es anderes zu tun, als in der Sakristei Blumen zu gießen.

Sie wandte sich auch gegen die Interpretation christlicher Nächstenliebe von US-Vizepräsident JD Vance, der dabei eine Rangfolge von näher- bis fernerstehenden Menschen behauptet hatte. "Dass damit für die Migranten kein Stück dieser Liebe übrigbleibt, ist offenkundig", sagte sie. Man habe vielmehr aus christlicher Perspektive die Schutzbedürftigen mehr zu lieben als Wohlhabende.

Geflüchtete wirbt für Dialog mit Rechten

Für die gesellschaftliche Fähigkeit, Resilienz aufzubauen und Widrigkeiten gemeinsam zu begegnen, plädierte die Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration, Birgit Glorius. Es sei höchste Zeit, die Menschen fit zu machen für anstehende Transformationsprozesse und damit auch Ängsten vor Migrationsfolgen entgegenzuwirken.

Es gelte zudem, dabei alle Menschen mitzunehmen. Sie zitierte eine aus dem Libanon nach Bautzen in Sachsen geflüchtete Frau: "Man muss doch auch die Rechten integrieren, um gesellschaftlich weiterzukommen."

Zehntausende Kirchenmitarbeiter helfen

Beim Flüchtlingsgipfel kamen insgesamt rund 160 Vertreter aus Wissenschaft, Flüchtlingsarbeit und Kirche in Mainz zusammen. Auch die rheinland-pfälzische Familien- und Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) wurde am Abend erwartet.

2024 hat die kirchliche Flüchtlingshilfe mit rund 40.000 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern bundesweit fast 500.000 Menschen erreicht. 34 Millionen Euro seien dabei deutschlandweit für Flüchtlingshilfe verwandt worden, dazu kämen 50 Millionen Euro für Projekte in anderen Ländern.

Zahlen zur Katholischen Flüchtlingshilfe 2024

Die Katholische Flüchtlingshilfe in Deutschland hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben 492.000 Schutzsuchende unterstützt. Für die Flüchtlingshilfe 2024 hätten die 27 Bistümer und Erzbistümer, Hilfswerke und Militärseelsorge 84,4 Millionen Euro aufgebracht, teilte die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn anlässlich des neunten Katholischen Flüchtlingsgipfels in Mainz mit. 

Der größere Teil mit 50,3 Millionen Euro sei auf die internationale Flüchtlingshilfe entfallen. Für die Arbeit im Inland seien 34,1 Millionen Euro aufgewendet worden.

Flüchtlinge auf der Balkanroute  / © Ajdin Kamber (shutterstock)
Flüchtlinge auf der Balkanroute / © Ajdin Kamber ( shutterstock )
Quelle:
KNA