Nun ist klar, was der neue Papst im Schilde führt – und das im wahrsten Sinne des Wortes: Am Samstag veröffentlichte der Vatikan das offizielle Wappen von Leo XIV. auf der Plattform "X". Es sagt viel über die Person Leos aus und zeigt heraldische Kontinuität, gleichzeitig wirft es in der Fachwelt Fragen auf.
Das neue Papstwappen orientiert sich offensichtlich sehr stark am Wappenschild, das Leo XIV. – früher Kardinal Robert Prevost – zuvor geführt hat. Ob Prevost in seiner Zeit als Generalprior des Augustinerordens von 2001 bis 2013 oder bereits zuvor ein eigenes Wappen hatte, ist nicht bekannt. Das ändert sich jedoch mit seiner Ernennung zum Apostolischen Administrator der peruanischen Diözese Chiclayo und Titularbischof von Sufar im Jahr 2014.
Seit dieser Zeit ist der Wappenschild Prevosts schräg in zwei Felder geteilt. Wie in der Heraldik üblich, wird der Verlauf der Schrägteilung als von links oben nach rechts unten beschrieben. Allerdings bezieht sich das auf die Sicht des Wappenträgers, ist also in der Vorderansicht von rechts oben nach links unten geteilt.
Silberne Lilie und rotes Herz
Im oberen Feld befindet sich auf blauem Grund eine silberne Lilie. Die Darstellung steht für die Verehrung der Gottesmutter Maria durch Prevost: Blau ist die Farbe Mariens und die Lilie symbolisiert ihre Reinheit und Unschuld. Im zweiten Feld finden sich auf silbernem Grund ein von einem Pfeil durchbohrtes brennendes Herz in rot und ein braunes Buch.
Diese aus dem Ordenswappen der Augustiner entlehnten Symbole stehen für den heiligen Augustinus, nach dessen Regel die Ordensbrüder leben – so wie auch Prevost es als Mitglied des Augustinerordens jahrzehntelang getan hat. Sie sind eine Anspielung auf die Bekehrung des Kirchenlehrers aus dem 4. Jahrhundert.
Unter dem Schild befindet sich der Wahlspruch Prevosts: "In Illo uno unum" ("In dem, der eins ist, sind wir eins"). Das bischöfliche Motto ist einem Kommentar des Augustinus zu Psalm 127 entnommen. Wappenschild und Wahlspruch sind über die verschiedenen Lebensstationen des heutigen Papstes gleichgeblieben. Dadurch, dass Prevost diese Bestandteile seines Wappens auch als Kurienerzbischof, als Kardinal und sogar nun als Papst beibehalten hat, setzt er ein Zeichen der Kontinuität.
Wappen mit Zitat von Augustinus
Das ist kein Wunder, denn sein Wappen sagt etwas über ihn aus, das sich im Lauf der Jahrzehnte nicht verändert hat: Zum einen zeigt der Schild seine marianische Spiritualität und seine biografische Verwurzelung im Augustinerorden. Zum anderen drückt das Augustinus-Zitat des Wahlspruchs Prevosts theologisches Kirchenverständnis aus.
Heraldisch verändert hat sich das Wappen mit den Jahren jedoch in den Nebenstücken entsprechend der verschiedenen Aufgaben, die Prevost innehatte. Als Bischof führte er hinter dem Schild ein Vortragekreuz mit einem Querbalken und darüber einen als Galero bezeichneten Klerikerhut in grüner Farbe mit sechs sogenannten Quasten (Knoten in einer Schnur) auf jeder Seite.
Als Erzbischof wurde ab Januar 2023 dem Kreuz ein zweiter Querbalken hinzugefügt und die Zahl der Quasten auf zehn auf jeder Seite erhöht. Mit der Aufnahme ins Kardinalskollegium im September 2023 wandelte sich die Farbe von Galero und Schnüren von grün in rot und auf jeder Seite kamen fünf Quasten hinzu.
Mitra statt Tiara
Nach der Papstwahl war in der heraldischen Community mit Spannung erwartet worden, wie das Wappen von Leo XIV. aussehen würde. Jetzt ist klar: Was die Nebenstücke angeht, knüpft der in den USA geborene Pontifex eindeutig an seinen Amtsvorgänger an. Leo verwendet wie Franziskus eine Mitra über dem Wappenschild, zeigt dahinter die gekreuzten Schlüssel und darunter den Wappenspruch.
Der argentinische Papst hatte dieses Motto in die offizielle Wappendarstellung des Vatikan aufgenommen – im Wappen von Benedikt XVI. war das noch nicht so. Dafür führte das bayerische Kirchenoberhaupt das Pallium unter dem Schild, so wie es Erzbischöfen zusteht, die eine Kirchenprovinz leiten. Da Prevost nie Metropolitanerzbischof war, lag es anscheinend nicht nahe, das Pallium in sein Wappen einzufügen.
Im Vorfeld der Veröffentlichung des Papstwappens von Leo XIV. waren von traditionalistisch gesinnten Kreisen Wappendarstellungen des neuen Kirchenoberhaupts verbreitet worden, die eine Tiara anstatt einer Mitra führten. Das kann als Versuch verstanden werden, die heraldische Deutungshoheit über Leo an sich zu reißen und ihn als einen Papst zu präsentieren, der zu einer jahrhundertealten, aber antiquierten Tradition zurückkehrt.
Denn bis zum Pontifikat Johannes Pauls II. schmückte eine Tiara die päpstlichen Wappen – und das, obwohl Paul VI. die Papstkrone schon kurz nach seiner Krönung 1963 abgelegt hatte. Sie war ihm zu machtvoll und aus der Zeit gefallen vorgekommen. Erst Benedikt XVI. nahm die Mitra in sein Wappen auf und Leo ist dieser liturgischen Kopfbedeckung treu geblieben.
Heraldik verlangt Eindeutigkeit
Zu großem Unmut in den einschlägigen heraldischen Internetforen führte vielmehr die Ausführung von Leos Papstwappen. Die vom Vatikan verbreitete Darstellung wirft vor allem die Frage nach der Tingierung auf, also der korrekten Farbgebung des Wappens. Denn der Wappenschild sieht genauso aus, wie in den vorherigen Wappen von Prevost.
Doch: Die Farbe des unteren Feldes war stets silber, ist aber in der veröffentlichten Darstellung nicht klar definiert und zwischen beige und gold einzuordnen, wobei beige keine heraldische Farbe im eigentlichen Sinn ist. Die Sprache der Heraldik verlangt Eindeutigkeit – daher bleibt zu hoffen, dass es hierbei noch zu einer Korrektur oder Klarstellung seitens des Vatikan kommt.