Papst Franziskus war es wichtig, mit seinen Kardinalsernennungen eine Marke zu setzen. Aus so vielen Ländern wie noch nie kommen die Teilnehmer des Konklaves von 2025. 80 Prozent - über 100 - von ihnen wurden von Franziskus ernannt und haben noch nie an einer Papstwahl teilgenommen. Dabei war es Franziskus bekanntlich wichtig, den Fokus nicht auf klassische Kardinalssitze wie Mailand, Paris oder Berlin zu legen, sondern Kirchenmänner, die im wahrsten Sinne des Wortes "am Rande" stehen, zu erheben. Wir stellen sechs von ihnen vor.
Konrad Krajewski – der Robin Hood des Vatikans
Der polnische Geistliche ist wahrscheinlich einer der ungewöhnlichsten Mitarbeiter der römischen Kurie. Schon 2013, im ersten Jahr seines Pontifikats, hat Franziskus den Polen zum "päpstlichen Almosenmeister" erklärt, der für die Verteilung der wohltätigen Güter für die Armen zuständig war. In dieser Funktion hat er sich durch unkonventionelle Aktionen einen Namen gemacht. Als zum Beispiel einer illegalen Wohnsiedlung mit 500 Menschen der Strom abgedreht wurde, kletterte er selbst in den Verteilerschacht und entfernte die Sicherungsplomben. Eine Straftat. Vom Energieversorger wurde er daraufhin angezeigt.
Während des Ukrainekrieges wurde er gemeinsam mit dem kanadischen Kardinal Michael Czerny ins Kriegsgebiet entsandt und geriet persönlich unter Beschuss. Und auch Abseits der Schlagzeilen setzt er sich ein: Man munkelt, dass er regelmäßig in römischen Suppenküchen aushilft. Franziskus hat das alles anscheinend sehr gefallen: 2018 nahm er ihn ins Kardinalskollegium auf.
Dieudonné Nzapalainga – der erste Kardinal aus Zentralafrika
Nur selten steht die Zentralafrikanische Republik im Fokus der Weltöffentlichkeit. Eine katholische Präsenz gibt es im vom Bürgerkrieg gezeichneten Land erst seit gut hundert Jahren. Katholiken machen ein Viertel der Bevölkerung aus, müssen aber wie andere mit Repressalien bewaffneter Gruppen leben. Papst Franziskus hat diese Situation offenbar bewegt. Das außerordentliche "Heilige Jahr der Barmherzigkeit" 2016 eröffnete Franziskus nicht in Rom, sondern kurz vor der offiziellen vatikanischen Eröffnung in Bangui, in der Zentralafrikanischen Republik. "Öffnet die Pforten der Barmherzigkeit", sagte Franziskus am 29. November 2015, als er mit einem Appell für Frieden und Versöhnung die Heilige Pforte an der Kathedrale von Bangui feierlich aufschob.
Der ansässige Erzbischof Dieudonne Nzapalainga wuchs in sehr armen Verhältnissen auf, finanzierte sich sein Studium mit Hilfsarbeiten als Koch oder Mechaniker. 2012 ernannte ihn Papst Benedikt zum Erzbischof. Franziskus schienen die Arbeit und die Lebensgeschichte des Geistlichen ebenfalls zu gefallen. Noch im Heiligen Jahr 2016 ernannte er ihn zum ersten Kardinal aus Zentralafrika.
Louis Raphaël I. Sako – der irakische Widerstandskämpfer
Beim Konklave wird es auffallen, dass ein paar wenige Kardinäle mit anderen, ungewöhnlichen Gewändern in die Sixtinische Kapelle einziehen. Einer davon ist Patriarch Sako aus dem Irak. Neben dem Großteil der "römisch"-katholischen Christen sind auch einige Ostkirchen unter dem Papst vereint, dazu zählt die chaldäisch-katholische Kirche mit ihrem Patriarchen, den Papst Franziskus 2018 zum Kardinal ernannte.
Der im Irak geborene Kardinal Louis Raphael I. Sako gilt als ausgesprochen deutliche Stimme seines Landes. Während des Irak-Krieges hat er mehrfach die amerikanischen Streitkräfte kritisiert, unter anderem für die Hinrichtung des Ex-Diktators Saddam Hussein.
Eines seiner Hauptanliegen im mehrheitlich islamischen Irak ist der interreligiöse Dialog. Er initiierte verschiedene interreligiöse Friedensgebete und wurde dafür 2010 mit dem Friedenspreis von Pax Christi ausgezeichnet. Eine große Rolle spielte er auch beim Papstbesuch im Irak 2023, der unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen stattfand. Irakische Christen bezeichnen diesen Besuch als "Wendepunkt im christlich-islamischen Dialog".
Seit Juli 2023 liegt Sako im Konflikt mit der Irakischen Regierung, die ihm Verwaltungsbefugnisse für Ländereien und Eigentümer der chaldäisch-katholischen Kirche entzog. Aus Protest verließ er seinen Patriarchensitz in der Hauptstadt Bagdad und residiert bis heute in einem Priesterseminar in der Nähe von Erbil.
John Ribat – der Ritter vom anderen Ende der Welt
Kardinäle gibt es gut 250. Ein Kardinal als Ritter der britischen Krone ist einmalig. Und der kommt vom anderen Ende der Welt. Als erster Bischof aus Papua-Neuguinea wurde Sir John Ribat 2016 in den Kardinalsstand erhoben. Im gleichen Jahr wurde er von Queen Elizabeth II. zum Ritter geschlagen. Welcher Titel protokollarisch höher gestellt sei, frage er sich bis heute, sagte er 2024 im DOMRADIO.DE-Interview. "Das konnte mir bis jetzt noch niemand sagen."
In seiner Heimat ist Ribat ein unermüdlicher Kämpfer gegen den Klimawandel, der in der Pazifikregion bereits jetzt ganze Inseln verschlingt. "Wir verlieren unsere Heimat", sagte er im gleichen Interview. Papst Franziskus, der mit seiner Umweltenzyklika "Laudato si" ein neues kirchliches Bewusstsein für den Umweltschutz geschaffen hat, besuchte Ribat und seine Heimat noch vor einem guten halben Jahr, im September 2024. Dort rief er zum Frieden auf – zwischen den Menschen und auch mit der Natur. "Nein zur Aufrüstung und zur Ausbeutung des gemeinsamen Hauses!"
Giorgio Marengo – der Missionar im Nirgendwo
Die Mongolei ist das am dünnsten besiedelte Land der Welt. Im Schnitt kommen auf den Quadratkilometer nur zwei Menschen. Als das Land 1992 von Papst Johannes Paul II. zur Apostolischen Präfektur erhoben wurde, gab es hier gerade mal 114 Katholiken. Heute sind es ungefähr zehn Mal so viele, die die neun katholischen Kirchen des Landes besuchen.
Einer der Missionare, der die Kirche im Land verwaltet, ist der norditalienische Ordensbruder Giorgio Marengo. 2001 empfing er die Priesterweihe und war seitdem (mit Unterbrechungen) als Missionar in der Mongolei tätig. Da sich Papst Franziskus "für die Ränder" interessierte, ist sein Blick auch auf die Mongolei gefallen. 2020 ernannte er Marengo zum Apostolischen Präfekten von Ulaanbaatar, der Hauptstadt der Mongolei. Ein offizieller Bistumssitz ist die Mongolei bis heute nicht. 2022 ernannte Franziskus Marengo mit 48 Jahren zum damals jüngsten Mitglied des Kardinalskollegiums. Ein Jahr später stattete er ihm einen Besuch ab, bei der ersten Papstreise der Geschichte in die Mongolei.
Bonus: Ernest Simoni – der Zwangsarbeiter in Purpur
Obwohl der albanische Priester Ernest Simoni die Altersgrenze von 80 Jahren lange überschritten hat, er ist 96 Jahre alt, sei seine bewegende Geschichte hier auch kurz erzählt. Albanien war lange Zeit das einzige Land der Welt, das offiziell atheistisch regiert wurde. Jeder Einsatz für die Religion wurde unter Strafe gestellt. Das hat der 1928 geborene Ernest Simoni am eigenen Leibe gespürt. 18 Jahre verbrachte er unter der sozialistischen Diktatur in Gefangenschaft, weil er als junger Priester eine Weihnachtsmesse gefeiert hatte.
Folter und Isolation gehörten zum Alltag. Fast zwei Jahrzehnte musste er unter lebensbedrohlichen Umständen in einer Miene 500 Meter unter Tage arbeiten. Als er entlassen wurde, lebte er sicherer, aber nicht angenehmer: Bis zum Ende der Diktatur arbeitete er als Kanalarbeiter täglich zwischen Dreck und Fäkalien. Als Christ und Priester konnte er in all dieser Zeit nur heimlich wirken.
Als Papst Franziskus 2014 Albanien besuchte, schilderte ihm Simoni sein Schicksal. Der Papst war überrascht und bewegt. "Ich wusste nicht, dass euer Volk so gelitten hat." Anscheinend ging ihm das Schicksal des albanischen Zwangsarbeiters auch nach seiner Rückkehr nach Rom nicht aus dem Kopf. Zwei Jahre später ernannte er Ernest Simoni, damals bereits 88 Jahre alt, zum Kardinal. Eine Wendung, die sich der Zwangsgefangene unter der kommunistischen Diktatur sicher in seinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können.