Geweihte Jungfrau erklärt Besonderheiten des Standes

Jesus Christus anverlobt

Isabelle Velandia ist freischaffende Künstlerin in Köln. Sie hat sich mit 28 Jahren katholisch taufen lassen und ist seit einem Jahr gottgeweihte Jungfrau. Im Interview erklärt sie, was das heißt und wie es ihren Alltag verändert.

Autor/in:
Johannes Schröer
Verlobungs - und Ehering in einem Strauch: Auch als geweihte Jungfrau trägt man einen Ring (shutterstock)
Verlobungs - und Ehering in einem Strauch: Auch als geweihte Jungfrau trägt man einen Ring / ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was ist das denn - eine gottgeweihte Jungfrau?

Isabelle Velandia (Künstlerin und gottgeweihte Jungfrau): Es gab schon in den Anfängen der Kirche - also in den ersten Jahren des Christentums - Frauen, die nicht heiraten wollten. Sie wollten ehelos bleiben und ganz für Christus leben. 

Isabelle Velandia (privat)
Isabelle Velandia / ( privat )

Und dann hat sich Anfang des vierten Jahrhunderts eine Form herauskristallisiert mit einem richtigen Ritus, wo diese Frauen - das waren auch Witwen - aufgenommen wurden in diesen Stand der gottgeweihten Jungfrauen. Das hat sich später verloren und wurde wieder aufgenommen nach dem Zweiten Vatikanum.

Das sind Frauen, die in der Welt leben, das heißt, sie leben nicht in einem Kloster oder in einer Gemeinschaft, sondern leben "das ganz normale Leben" wie alle Menschen, leben aber für Gott und ehelos. Sie heiraten nicht.

DOMRADIO.DE: Warum haben Sie sich entschieden, die Jungfrauenweihe zu empfangen?

Velandia: Das war ein längerer Weg. Besonderen Anteil hatte tatsächlich unser verstorbener Papst Franziskus, der sich zu Pfingsten 2020- sich an die gottgeweihten jungen Frauen wandte, um ihnen zu einem Dokument zu gratulieren, das ich sehr wichtig finde: die Instruktion "Ecclesiae Sponsae Imago".

Da geht es um das Leben der gottgeweihten jungen Frau. Franziskus sagte, er würde sich sehr freuen, wenn andere Frauen diese Berufung auch entdecken würden. Mein Wunsch war es, dem Papst eine Freude zu machen.

DOMRADIO.DE: Sie sind jetzt auch zu den Trauerfeierlichkeiten nach Rom gefahren. Wie war das?

Velandia: Das war sehr bewegend, Franziskus mit so vielen Menschen zu verabschieden. Dieser Papst hat für mich persönlich, natürlich auch im Zusammenhang mit meiner Berufung, eine besondere Bedeutung. Ich hatte ihm das übrigens auch geschrieben, nachdem ich geweiht war und habe ihn besucht und ihm gedankt, dass er das gesagt hat damals.

DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie haben ihn auch getroffen?

Velandia: Ja, nach meiner Weihe bin ich nach Rom gepilgert und habe an der Audienz teilgenommen und habe ihn grüßen und ihm danken können.

Isabelle Velandia

"Als gottgeweihte Jungfrau wird man Jesus Christus anverlobt. "

DOMRADIO.DE: Sie haben es bereits gesagt: Diese Weihe ist auch daran gebunden, dass Sie versprochen haben, zölibatär zu leben. Warum ist das wichtig?

Velandia: Es handelt sich dabei um einen Bund, den man mit Christus eingeht. Als gottgeweihte Jungfrau wird man Jesus Christus anverlobt. Es ist eine Hochzeit. Sie heiraten ja auch nicht mehrere Personen, wenn sie heiraten.

DOMRADIO.DE: Nun könnte man auch sagen, gerade diese Enthaltsamkeit, der Verzicht auf Sexualität, geweihte Jungfrau, das ist aus der Zeit gefallen. Wie reagieren Sie darauf?

Isabelle Velandia

"Es ist eben nicht nur ein Verzicht. Es ist auch eine Bejahung der Liebe." 

Velandia: Ich würde sagen, es ist zeitlos. Das hat es ja über alle Zeiten gegeben. Mir gefällt der Gedanke sehr gut, das mit der Ehe zu vergleichen. Man versteht es besser, wenn man an einen Bund denkt. Es ist eben nicht nur ein Verzicht. 

Es ist richtig, ich verzichte auf die Ehe und es ist ein großer Verzicht. Aber ich lebe ja in einem Bund, in einer Verbindung und Verbundenheit und in einer Liebesbeziehung. Insofern ist es ja auch eine Bejahung der Liebe. Zu lieben, finde ich, ist ziemlich zeitlos.

DOMRADIO.DE: Und was passiert, wenn Sie sich in einen Menschen verlieben würden?

Velandia: Dann müsste man das prüfen. Natürlich verspricht man das für die Ewigkeit und das versuche ich auch so zu leben. Wir sind alle Menschen und es kann alles Mögliche passieren. 

Dann müsste ich es prüfen und unterscheiden: Ist das eine Prüfung, kann ich weiter in dieser Berufung leben oder entscheide ich mich doch für die Ehe?

DOMRADIO.DE: Wie reagiert denn Ihre Umwelt, wenn Sie erzählen, dass Sie eine gottgeweihte Jungfrau sind?

Velandia: Ich bin ja Künstlerin und kenne sehr viele Menschen, die mit der Kirche gar keine Verbindung haben und die erst durch mich einen Bezug zur Kirche bekommen. Bis jetzt bin ich immer sehr gut aufgenommen worden - natürlich mit Neugier, Überraschung: Was ist das denn, wie geht das denn? Aber mit sehr viel Respekt.

Und was ich auch wieder feststellen muss: Dass es doch viel wichtiger ist, wie wir die Beziehungen leben, wie ich Freundschaften, Begegnungen lebe. Wenn die in einer Freundschaftlichkeit und Zugeneigtheit gelebt werden, dann ist das doch eher eine Bekräftigung der Berufung.

DOMRADIO.DE: Es ist es ja keine sakramentale Weihe. Das heißt, das unterscheidet sich fundamental vom Ehesakrament, von der Priesterweihe. Ist das eine "Zweite Klasse-Weihe"?

Velandia: Ich würde sagen, es ist eine "Erste Klasse-Weihe". Ich sage das ein bisschen mit Humor. Es ist ein Unterschied und es ist gut, dass es ein Unterschied ist. Priester sind ja Diener des Gottesvolkes. Als gottgeweihte Jungfrau stellt man bildlich gesprochen auch die Kirche dar. Und die Kirche ist Braut Christi. 

Wer Braut-Christi ist und lebt, da kann ich mir nicht vorstellen, dass der zweite Kategorie sein sollte. Das ist aber auch überhaupt niemand. Ich glaube nicht, dass Gott in Kategorien denkt.

Isabelle Velandia

"Es gibt sehr, sehr viel Freiraum, wie man beten kann."

DOMRADIO.DE: Was machen Sie denn im Alltag? Wie unterscheidet sich Ihr Leben von anderen?

Velandia: Es gibt sehr viele Ähnlichkeiten mit dem Leben der meisten Menschen. Arbeiten, Geld verdienen, gucken, wie man über die Runden kommt. Und dann gibt es auch Unterschiede wie das Gebet natürlich. Wir haben zum Beispiel das Stundengebet, also nicht das Ganze, weil wir ja eben auch arbeiten, aber Laudes und Vesper. Und danach gibt es sehr, sehr viel Freiraum, wie man beten kann.

Die Heilige Messe ist für mich sehr wichtig, da ja dort eine direkte Begegnung mit Christus stattfindet. Wenn man sein Leben Gott geweiht hat, dann möchte man ihn einfach kennen und da möchte man ihn auch in den Schriften kennen, aber auch in den Menschen. Deswegen braucht man einen Ausgleich zwischen Innenleben und Außenleben.

DOMRADIO.DE: So eine Jungfrauenweihe ist ein festlicher Akt. Wie kann man sich das vorstellen, was passiert da?

Isabelle Velandia

"Bei der Jungfrauenweihe gibt es -wie bei der Priesterweihe- eine 'Prostratio' bei der man sich auf den Boden legt."

Velandia: Es gibt sehr ähnliche Elemente wie bei der Priesterweihe, zum Beispiel eine "Prostratio". Das kennt man auch aus der Priesterweihe, wenn der Priester sich auf den Boden legt und dann die Litaneien gesungen werden. Da wird der Heilige Geist sozusagen gerufen und alle Heiligen werden angerufen. Das heißt, man legt sich auf den Boden.

Das ist ein starkes Zeichen. Was mir auch persönlich sehr wichtig ist: auf dem Boden zu liegen, tiefer geht es ja eigentlich nicht. Christus ist der Boden, auf dem wir stehen und wir wollen uns nicht erheben, sondern auch mit ihm diesen Boden bilden. Ja, es ist sehr feierlich, es ist eben eine Hochzeit.

DOMRADIO.DE: Das könnte für manche auch befremdlich sein, wenn man sich da so klein macht und flach auf den Boden legt...

Velandia: Bei meiner Weihe waren sehr, sehr unterschiedliche Menschen, die noch nie eine Kirche betreten haben und andere, die natürlich sehr gläubig sind. Dieses Zeichen ist sehr stark und ich habe keinen getroffen, der das befremdlich fand, sondern ich glaube, dass deutlich wurde, dass es ein Akt der Liebe und der Hingabe ist.

DOMRADIO.DE: Sie tragen auch einen Ring, habe ich gesehen. Gehört das dazu?

Velandia: Ja, der Ring ist das Zeichen der Anverlobung mit Christus und des Bundes.

DOMRADIO.DE: Sie sind Künstlerin. Welche Bedeutung hat Ihr Glauben denn für Ihre künstlerische Arbeit?

Velandia: Zunächst muss ich sagen, dass ich durch die Kunst zum Glauben gekommen bin. Ich habe ja Kunst studiert und während meines Kunststudiums bin ich durch das künstlerische Schaffen zum einen und zum anderen auch durch Dozenten, die Christen waren, zum Glauben gekommen, also auf die Spur des Glaubens.

In der Kunst hat man auch Anteil am Schöpfungsprozess, sozusagen am "Wiedererschaffen". Das gibt eine riesige Freude, dieses Teilhaben an dem Schaffen. Und für mich ist das Wichtigste, die Schönheit darzustellen - die Schönheit der Schöpfung könnte man jetzt aus gläubiger Sicht sagen, aber ich meine überhaupt die Schönheit allgemein - und das den Menschen zu schenken. 

Das Interview führte Johannes Schröer.

Geweihte Jungfrauen

Geweihte Jungfrauen bilden einen eigenen, anerkannten Stand (ordo virginum) in der katholischen Kirche. Frauen versprechen öffentlich, Jesus in der Form der Ehelosigkeit mitten in ihrer Lebenswelt nachzufolgen. 

Christina Becker bei ihrer Witwenweihe. / © Inge Hülpes (Bistum Trier)
Christina Becker bei ihrer Witwenweihe. / © Inge Hülpes ( Bistum Trier )
Quelle:
DR

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