DOMRADIO.DE: Am 28. Mai von 18 bis 20 Uhr hält der Physiker Prof. Dr. Anton Androhnic in der Gemeinde St. Franziskus in Recklinghausen einen Vortrag zum Thema "Urknall? Schöpfung?". Was erwartet einen bei diesem Abend?
Christian Jäger (Theologe, Coach und Autor): Es gibt noch ein drittes Fragezeichen: "Urknall, Schöpfung oder beides?" Es erwartet uns ein direktes Aufeinandertreffen und ein hoffentlich sehr spannender Vortrag mit der Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Nicht Ei oder Henne, sondern die Frage, ob das verknüpft ist, stellt sich. Was bedeutet das alles? Ich erwarte von dem Abend ganz viele spannende Erkenntnisse.
DOMRADIO.DE: Sie sind selbst Theologe. Was macht dieses Thema so spannend, gerade für Gläubige, aber auch für die Naturwissenschaftler?
Jäger: Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen, auch wenn kirchliches Interesse zurückgeht, eine starke religiöse Komponente in sich tragen. So kommen die Fragen, wo komme ich her und wo gehe ich hin, immer wieder aufs Tableau. Das ist auch mein Grund gewesen, diesen Star seiner Branche einzuladen.
Professor Androhnic ist am CERN in Genf akkreditiert, wie nur ganz wenige Expertinnen und Experten. Insofern ist es ein Thema, das Gläubige und wissenschaftlich Interessierte anregen kann.
DOMRADIO.DE: Wenn man sich Fernsehserien zum Thema Urknall anschaut, gilt das gängige Modell, dass es vorher nichts gab und plötzlich eine ganz kleine Materie existierte, die sich immer weiter entwickelte. Wie passt das mit dem biblischen Schöpfungsglauben zusammen?
Jäger: Genau das wird Professor Androhnic aufzeigen, denn er ist eben nicht nur Elementarphysiker, sondern auch Diakon in der rumänisch-orthodoxen Gemeinde. So habe ich ihn auch kennengelernt.
Wo kommt denn die Materie her? Wieso ist die plötzlich da? Also, der Ursprung des Urknalls ist nach meinem Verständnis nicht erforscht.
DOMRADIO.DE: Also sind wir wieder beim Thema Ei oder Henne?
Jäger: Oder beim Thema Schöpfer, der den Urknall benutzt, um die Welt und das, was wir alles hier erleben und meistens auch lieben, zu kreieren. "Genesis" heißt ja die Entstehung oder das Erschaffen. Das beschreibt einen Prozess und nicht, dass auf einen Schlag alles da war.
DOMRADIO.DE: Gibt es aus Ihrer Sicht ein paar theologische Fallstricke, wenn sich die Kirche und die Naturwissenschaft begegnen?
Jäger: Das gab es in der Geschichte ohne Ende, nicht nur bei Galileo. Wir sind jetzt in dem Zeitalter, wo Kirche und Wissenschaft sehr eng zusammenarbeiten müssen, um gerade Menschen, die immer noch zu Millionen behaupten, die Erde sei eine Scheibe oder sonstige Verschwörungsfanatiker, zu widerlegen. Vor allem dann, wenn sie sich auf biblische oder christliche Quellen beziehen.
Das ist aus meiner Sicht ein Missbrauch der Bibel. Da müssen Kirche und Wissenschaft sehr eng zusammenarbeiten. Als Theologe bin ich auch Wissenschaftler und daher sehe ich da überhaupt keinen Graben. Wenn es mal einen gab, haben wir eine stabile Brücke.
DOMRADIO.DE: Warum lohnt es sich Ihrer Meinung nach, diesen Vortrag Ende Mai zu besuchen?
Jäger: Ich kann mir keinen vorstellen, der kompetenter ist als Professor Androhnic für dieses Thema. Er hat mir in einem kurzen Gespräch glaubhaft versichert, das sei relativ einfach zu vermitteln, weil es auch wissenschaftliche Belege dafür gibt, dass es einen Ursprung geben muss. Dieser Ursprung hat etwas Kreatives.
Es gibt einen Flyer für die Einladung, da ist ein Bild vom Urknall, aber auch die aufgeschlagene Bibel zu sehen. Wenn wir da reinschauen, in den Sieben-Tage-Prozess der Schöpfung, dann ist das, was dort beschrieben wird, evolutionstechnisch adäquat. Also die Reihenfolge der Entstehung ist mit dem, was wir über sie wissen, kompatibel. Ich erwarte, dass dazu Fragen kommen, dass wir alle mit viel mehr Erkenntnissen und vielleicht auch mit einem fundamentierteren Glauben nach Hause gehen.
DOMRADIO.DE: Was würden Sie sich jetzt für die Zukunft, für den Dialog zwischen Kirche und Wissenschaft wünschen?
Jäger: Regelmäßigkeit. So etwas erwarte ich auch auf der höheren Ebene, dass sich Naturwissenschaft und Theologie miteinander verquicken und die besten Erkenntnisse zusammenbringen. Früher war das getrennt. Es gab die Bereiche der Physis, also das Körperliche, Mathe und so, und dann gab es die Metaphysis. Das kam daher, dass die Bücher dieser Bereiche einfach eine Etage höher standen, also räumlich getrennt waren. Diese Trennung wird nicht durch uns, aber mit uns aufgehoben.
Das Interview führte Oliver Kelch.