Abschalten vom Alltag auf dem Sauerland-Camino

Eine Zeitreise durch Jahrhunderte

Wer pilgern will, muss nicht gleich nach Santiago de Compostela laufen. Pilgern geht auch regional, zum Beispiel auf dem Sauerland-Camino. Josef Lumme ist den historischen Weg gegangen und gibt Tipps für die Pilgertour.

Blick auf die historische Stadt Marsberg, durch die der Sauerland-Camino unter anderem führt / © Tobias Arhelger (shutterstock)
Blick auf die historische Stadt Marsberg, durch die der Sauerland-Camino unter anderem führt / © Tobias Arhelger ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie haben den Sauerland-Camino mitbegründet. Woher kam die Idee?

Josef Lumme (Stellvertretender Schatzmeister des Sauerländer Heimatbundes): Der Sauerland-Camino ist eine Idee der Jakobusfreunde Paderborn gewesen, die ihn über Jahre historisch erforscht haben. Sie haben altes Kartenmaterial vom Sauerländer Heimatbund zur Verfügung gestellt bekommen. Und nach einigen Jahren konnte der Sauerland-Camino dann im Mai dieses Jahres eröffnet werden. Damit schließt sich ein Weg an, der von Dom zu Dom führt, von Paderborn nach Köln. Dieser historische Weg ist attraktiv für das Sauerland und für alle, die Richtung Santiago unterwegs sein möchten.

DOMRADIO.DE: Wie ist denn der Verlauf des Wegs?

Lumme: Ich bin den Weg im letzten Jahr selbst gepilgert, bin in Paderborn gestartet, am Dom und bin durch das Eggegebirge gelaufen. Dann Richtung Obermarsberg, eigentlich eine historische Stadt, die in diesem Jahr auf 1250 Jahre Bestehen zurückblicken kann. Dann geht es weiter Richtung Brilon und von Brilon über das Jakobusdorf Remblinghausen weiter nach Elspe. Dort mündet der Pilgerweg von Paderborn auf die sogenannte Heidenstraße, die von Leipzig nach Köln führt, über 500 Kilometer. Und von dort geht es dann weiter bis an die Grenzen des Sauerlandes nach Meinerzhagen. Dann geht es weiter über das Bergische bis zum Kölner Dom.

DOMRADIO.DE: Warum lohnt sich der Sauerland-Camino so? Was macht gerade diesen Weg besonders?

Lumme: Zum einen ist es die attraktive Landschaft, die man im Sauerland erleben kann und im Eggegebirge. Zum anderen sind es aber auch die vielen Sehenswürdigkeiten am Rande des Pilgerweges, die auf die Historie des Weges hinweisen. Sehr viele Jakobuskirchen, Jakobuskapellen, Bildstöcke, all das ist ein Zeichen der historischen Begebenheit des Weges. Wenn man sich auf diesen Weg begibt, wird man mitgenommen auf eine Zeitreise von Jahrhunderten.

DOMRADIO.DE: Wichtig sind natürlich auch immer Herbergen entlang eines Pilgerweg. Wo kommt man als Pilger des Sauerland-Camino unter?

Jakobsweg

Der Jakobsweg ist ein europaweites Netz von Straßen und Wegen. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und schließlich Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus ins spanische Santiago de Compostela. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.

 © Sonja Geus (DR)
© Sonja Geus ( DR )

Lumme: Wir haben gemeinsam mit dem Sauerland-Tourismus Qualitätsmerkmale erstellt, die eine Pilgerherberge ausmachen. Die Herberge darf nicht weiter als zwei Kilometer vom Weg entfernt sein. Es muss kurzfristig eine Buchung möglich sein. Es müssen oder sollen günstige Herbergen sein. Es liegt Infomaterial aus. Waschen und Trocknen sollte in der Herberge möglich sein. Es sollte eine Wanderapotheke vorhanden sein und vieles mehr.

Wir haben insgesamt an der Strecke, die durch das Sauerland geht, über 32 Herbergen ausgemacht, die diese Qualitätsmerkmale erfüllen. Und die Herbergen werden jetzt mit einem pilgerfreundlichen Logo ausgezeichnet, sodass ein Pilger diese Herbergen auch erkennen kann. Selbstverständlich sind sie über die Homepage des Bundes der Jakobusfreunde und auch des Sauerland-Tourismus jederzeit auffindbar.

DOMRADIO.DE: Sie kennen sich auch gut mit der Geschichte des Pilgerns aus. Welche Bedeutung hat das Pilgern denn im Christentum?

Lumme: Das Pilgern in allen Regionen hat eine bestimmte Bedeutung, aber besonders im Christentum. In früheren Zeiten wurde viel nach Rom, nach Jerusalem, nach Bethlehem gepilgert, um bestimmte Ablässe zu gewinnen oder um Buße zu tun, um bestimmte Anliegen vorzubringen. Und aktuell ist es ja gerade durch den Jakobsweg nach Santiago aktuell geworden. Es hat eine Renaissance erfahren und gerade im Christentum ist der Weg das Ziel. Wenn ich losgehe - ich bin den Weg alleine gegangen, kann ich auch jedem empfehlen - dann findet man zu sich selbst, man kommt zur Ruhe, man kann vom Alltag abschalten und man kann mit sich und Gott und der Welt ins Reine kommen. Man kann viele Kleinigkeiten, Dinge am Weg erleben.

Das Besondere ist aber die Begegnung mit den Menschen auf dem Weg. In den Kirchen, auf der Strecke, die tollen Gespräche, die Begegnungen. Es ist jetzt im Gegensatz zum Wandern kein Weg, der Qualitätsmerkmale aufweist wie ein Premiumwanderweg, sondern der auch viele Hindernisse mit sich bringt. Ich muss auch mal fünf oder zehn Kilometer an einer Straße entlanglaufen, die dann nicht verkehrsberuhigt ist. All diese Dinge, die einem im Alltag begegnen, erfahre ich auf dem Pilgerweg.

Das Interview führte Julia Reck.

Quelle:
DR
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