Feierliches Aufnahmeritual für die Nachwuchssänger am Dom

"Ein klingendes Zeugnis unseres Glaubens"

Seine "Messe solennelle" schrieb Louis Vierne 1899 für Chor und zwei Orgeln. Einmal im Jahr wird sie im Dom aufgeführt – immer dann, wenn die Jüngsten ihren offiziellen Einstand geben. Während der Pandemie ist das etwas Besonderes.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
 © Beatrice Tomasetti (DR)
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Vor Beginn des Pontifikalamtes mit Weihbischof Ansgar Puff hat Domdechant Robert Kleine 34 Mädchen in den Mädchenchor am Kölner Dom und 19 Knaben in den Kölner Domchor aufgenommen; ein Zeremoniell, dem die neun- und zehnjährigen Grundschüler – die meisten von ihnen besuchen die Kölner Domsingschule in Lindenthal – immer mit großer Spannung entgegenfiebern.

Denn dazu versammeln sie sich in der Vierung vor dem Altar und geben das Versprechen ab, ihren zukünftigen Dienst innerhalb der Liturgie pünktlich, sorgfältig und ehrfürchtig zu verreichten – "zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen". Dafür wird jedes Kind namentlich vorgestellt und tritt kurz einen Schritt nach vorne. Denn dieses Engagement im Gottesdienst an den Sonn- und Feiertagen – das wissen die kleinen Sängerinnen und Sänger – ist eine bewusste Entscheidung. Schließlich erfordert es Fleiß, Ausdauer, Disziplin und Ernsthaftigkeit.

 © Beatrice Tomasetti (DR)
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Entsprechend intensiv hat sich die 53-köpfige Nachwuchsriege auf diesen Tag vorbereitet und auch den finalen Aufnahmetest erfolgreich bestanden, wie Domkapellmeister Eberhard Metternich vor der Domgemeinde erklärt. Wenn auch diesmal coronabedingt mit weitaus weniger Proben als sonst und auch ohne das obligatorische Chorwochenende im Januar. Nun also sind die neuen Mitglieder der A-Chöre auch offiziell Teil der Gemeinschaft aller liturgischen Dienste am Dom.

Verständigung weitestgehend über Sichtkontakt

Wie auch sonst üblich bei diesem Aufnahmeritual haben die Sängerinnen und Sänger zunächst den gregorianischen Gesang "Tria sunt munera" angestimmt. Auch das hat Tradition bei dieser Messe. Dann aber stellten sie gleich mit ihrem ersten Einsatz, dem Kyrie aus der "Messe solennelle", unter Beweis, dass sie mit der Unterstützung ihrer älteren Kolleginnen und Kollegen durchaus auch schon einem derart anspruchsvollen Werk gewachsen sind und hochkonzentriert dem Dirigat ihrer jeweiligen Chorleiter Metternich und Oliver Sperling bzw. dem der Assistentinnen Anna Goeke und Patricia Langenmantel folgen. Während der Mädchenchor im südlichen Querhaus steht, singt der Domchor vom Chorpodest aus. Verständigen können sich die Chorleiter weitestgehend nur über Sichtkontakt. Das ist das Außergewöhnliche bei dieser doppelchörigen Aufstellung und keine ganz einfache Sache.

 © Beatrice Tomasetti (DR)
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Immerhin ist die Vierne-Messe, die zum festen Repertoire beider Chöre zählt und nun schon seit Jahren bei dieser Aufnahmefeier gesungen wird, auch für die Kirchenmusiker selbst immer wieder eine Herausforderung, die sich vornehmlich aus der schwierigen Akustik des Domes ergibt. So sind die beiden Domorganisten Winfried Bönig und Ulrich Brüggemann – Vierne hat seine Komposition für zwei Orgeln vorgesehen – im Dom über einen kleinen Monitor mit den Chordirigenten verbunden, während ihnen die Einsätze der Chöre per Mikrophon über einen Lautsprecher zugespielt werden.

Gesungenes Gotteslob zur Freude der Menschen

"Da muss es schon ganz genau stimmen, wenn zwei so große Chöre von unterschiedlichen Orten aus gemeinsam musizieren", erklärt Eberhard Metternich. "Allerdings haben wir bei dieser Form des Musizierens mittlerweile auch viel Erfahrung miteinander und kennen uns gegenseitig gut", ergänzt Domkantor Sperling. Ausladendere Bewegungen müssten die Einsätze absolut eindeutig machen. Dieses aufwendige Zusammenspiel erfordere von allen viel Konzentration. Am Ende aber stimme das Gesamtpaket. Denn das Ergebnis zeige, dass ein solches Werk im Kölner Dom nicht nur machbar sei, sondern geradezu hervorragend in diesen Raum und in die Liturgie passe. "Letztlich ist diese cis-Moll-Messe ideal für die spezifischen Möglichkeiten unserer Kathedrale", findet Metternich.

Wie froh und dankbar er sei, dass trotz Pandemie in dieser Weise im Dom gesungen werden könne und den Chören dabei eine zentrale Bedeutung zukomme, hatte zu Beginn Domdechant Kleine zum Ausdruck gebracht. "Mit Freude sehe ich Eure Bereitschaft und Begeisterung für den musikalisch-liturgischen Dienst", sagte er wörtlich zu den Kindern. "Mit Eurem gesungenen Gotteslob erweist Ihr Gott die Ehre und erfreut zugleich das Herz aller Menschen, die hier versammelt sind, aber auch derer, die über die Medien mit uns Gottesdienst feiern." Dank der vier Chöre der Kölner Dommusik – dazu zählen neben dem Domchor und dem Mädchenchor außerdem noch die Domkantorei Köln und das Vokalensemble Kölner Dom – könne die Liturgie immer in besonderer Weise gefeiert werden.

Dank für Treue – trotz Krise der Kirche

Schließlich richtete Kleine einen besonderen Dank an die Chorleiter Metternich und Sperling, die immer wieder neu viele Überlegungen anstellten, wie er erklärte, um diese Chorgemeinschaft trotz Corona und den damit verbundenen Widrigkeiten und Unwägbarkeiten zusammenzuhalten und die Begeisterung am Singen wachzuhalten. Außerdem dankte er den Eltern der Chorkinder, aber auch allen anderen Anwesenden für ihre Treue in schwieriger Zeit. Den Kindern zugewandt formulierte er: "In der derzeitigen Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise der Kirche seid Ihr ein klingendes, singendes Zeugnis unseres Glaubens: Ihr seid sehr gute Botschafter für das, was Jesus wollte: die Liebe Gottes zu den Menschen bringen. Danke, dass Ihr in dieser Krise dabei bleibt."

 © Beatrice Tomasetti (DR)
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"Das habt Ihr toll gemacht", lobte auch Weihbischof Puff die vielen neuen Nachwuchssängerinnen und -sänger, als er sich später am Dreikönigenschrein mit ihnen zu einem Gruppenbild aufstellte. "Das war ein großartiger Einstand und hat unser Herz zum Himmel gebracht. Vielen herzlichen Dank, dass Ihr uns dieses Geschenk gemacht habt."

Wer kann in den Domchören mitsingen?

Nicht nur Kinder, die die Kölner Domsingschule besuchen, können Mitglied in den Domchören werden. Auch die Schüler anderer Grundschulen sind der Kölner Dommusik mit Sitz in der Lindenthaler Clarenbachstraße willkommen. Einzige Voraussetzung ist allein die Freude am Singen.

Dazu bieten die Chorleiter, Domkapellmeister Eberhard Metternich und Domkantor Oliver Sperling, sowie der Leiter der Musikschule der Kölner Dommusik, Joachim Geibel, in den sogenannten Vorchören ein musikpädagogisches Programm für Mädchen und Jungen ab dem ersten Schuljahr an.

Quelle:
DR