Vor 75 Jahren starb die Künstlerin und Ordensfrau Berta Hummel

"Ich will Freude machen"

Wer kennt sie nicht, die aus Porzellan gefertigten Hummel-Figuren? Weltweit gibt es nach wie vor einen großen Kreis von Sammlern. Die Vorlage für die niedlichen Kindercharaktere lieferte Berta Hummel - eine Ordensfrau.

Autor/in:
Barbara Just
Porzellanfiguren der Künstlerin Berta Hummel / © Armin Weigel (dpa)
Porzellanfiguren der Künstlerin Berta Hummel / © Armin Weigel ( dpa )

Lässig, den linken Arm an eine Wand gelehnt, steht die Frau mit dem Rücken zum Betrachter. Den Kopf mit dem schwarzen Kurzhaarschnitt leicht zur Seite geneigt, scheint sie über etwas nachzusinnen. "Dame in Rot" ist das Aquarell von 1928/30 betitelt, auf dem das in dieser Farbe gehaltene Kleid hervorsticht. Das Bild stammt von Berta Hummel (1909-1946), die bis heute vor allem für die nach ihr benannten Figuren von Kindern bekannt ist. Doch sie hatte auch eine andere Facette. Am 6. November jährt sich der Todestag der Künstlerin und Ordensfrau zum 75. Mal.

Vielseitige Künstlerin

Als drittes von sieben Kindern einer Kaufleute-Familie wurde Hummel am 21. Mai 1909 im niederbayerischen Massing geboren. Noch heute steht dort ihr Geburtshaus. Bis 2019 befand sich darin gut 25 Jahre lang das von ihrem Neffen Alfred Hummel eingerichtete Museum. Aus Kostengründen musste es schließen. Planungen laufen bereits, die Exponate künftig im Freilichtmuseum des Ortes zu zeigen. Derweil ist ein Querschnitt des Hummelschen Schaffens bis 20. März 2022 im oberbayerischen Kloster Seeon zu sehen.

Mehr als 3.500 Exemplare und damit die größte Kollektion von Hummel-Figuren umfasst die Sammlung. Gefertigt wurden diese nach Entwürfen der Künstlerin; dazu kommen Madonnen und eine Skulptur des heiligen Georg. Dem Neffen ging es stets darum, das Gesamtwerk seiner Tante einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Dazu gehören neben Aquarellen auch Zeichnungen, Ölgemälde und Porträts.

Hummels Talent wurde zu Schulzeiten erkannt. Sogar ihre Briefe schmückten stets kleine Zeichnungen, in denen sie die Familie als "Hummeln" beim Wandern darstellte. Der Vater unterstützte die Ambitionen, wäre er doch selbst gerne Bildhauer geworden. Er erlaubte seiner Tochter ab 1927 ein Kunststudium in München. "Bertl", wie sie genannt wurde, gab auch viel zurück.

Eintritt ins Kloster

Zu Hause entwarf sie Dekorationen für die Auslage des familieneigenen Textilgeschäfts oder machte Entwürfe für Handschuhe und Kindertapeten. An der Staatsschule für Angewandte Kunst war Professor Maximilian Dasio begeistert von seiner Musterschülerin und wollte sie als Assistentin gewinnen. Mit dem besten Zeugnis der Klasse entschied sich Berta aber anders.

Zum Entsetzen ihrer Kunstprofessoren trat sie 1931 ins Kloster der Franziskanerinnen im baden-württembergischen Sießen ein und erhielt den Namen "Maria Innocentia". Ausschlaggebend waren zwei Schwestern gewesen, die sie beim Studium kennengelernt hatte. Im Orden vertrauten die Nonnen ihr die Paramentenstickerei an. Daneben gab sie Schulunterricht, wo sie selbst gefertigte Fleißbildchen mit Kinder- und Heiligenmotiven verteilte. Diese gingen später in Druck, schmückten Postkarten und erschienen als Buch.

Die Porzellanfirma Goebel sicherte sich 1934 die Lizenz für die Herstellung dieser Figuren. Als Erstes kam der "Wanderbub" auf den Markt, weitere hunderte von Motiven folgten. Die Erlöse gingen seither an die Franziskanerinnen für soziale Aufgaben. 1935 kehrte Hummel für ein Aufbaustudium nach München zurück. An der Akademie herrschte nun aber ein nationalsozialistischer Geist, und Hummels "Kinder" wurden als "Dreckspatzen" klassifiziert. Die Leute aber liebten ihre Zeichnungen und der Verlag Ars sacra druckte sie.

Schaffen und klösterliche Umgebung

Ihr Schaffen litt auch unter der Spannung von klösterlichem Gehorsam und künstlerischer Freiheit. "Ich will Freude machen", schrieb sie einmal und fügte sich. Manche religiösen Werke wie ein Kreuzweg ließen sich verwirklichen, ein Kinderbibelprojekt scheiterte. Dafür findet sich in der Massinger Pfarrkirche ein Bild Hummels, das den heiligen Bruder Konrad umringt von Kindern zeigt.

Im Juli 1944 erkrankte Hummel schwer an einer Bronchitis. Als sich ein Schatten auf der Lunge fand, folgte ein Heilaufenthalt im Allgäu bis April 1945. Die Ordensfrau erholte sich; doch ab September verbrachte sie wieder ein Jahr in einer Lungenheilstätte. Als das Herz eine weitere Behandlung unmöglich machte, holte sie die Generaloberin zurück nach Sießen. Am Morgen des 6. November 1946 empfing Schwester Maria Innocentia ein letztes Mal die Kommunion. Als mittags die Angelusglocke zu läuten begann, entschlief die 37-Jährige – in der einen Hand die Sterbekerze, in der anderen Rosenkranz und Sterbekreuz.


Quelle:
KNA