"Der Vorwurf, ihr habt Menschen allein sterben lassen, trifft mich zutiefst", sagte Jung am Donnerstagabend in Frankfurt. Es sei "für Seelsorger immer möglich gewesen", in Altenheime und Pflegeheime zu gehen, betonte Jung, der auch Medienbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Dies sei auch geschehen, sagte er mit Blick auf Beispiele von Pfarrern, die sich hier engagiert hätten.
"Verzicht auf öffentliche Gottesdienste war richtig"
Jung verteidigte zudem die Entscheidung der Kirchen, wegen der Corona-Pandemie wochenlang auf öffentliche Gemeindegottesdienste zu verzichten. Es sei in dieser Zeit für die Kirchen nicht darum gegangen, "Prinzipien zu behaupten", sagte er mit Blick auf das Grundrecht der Religionsfreiheit. Vielmehr sei wichtig gewesen, zu fragen: "Was dient dem Leben von Menschen?" In dieser Situation könne man "auch Einschränkungen hinnehmen", sagte Jung. Gottesdienste, die im Internet oder im Fernsehen übertragen wurden, hätten großen Zuspruch erfahren.
Katastrohe wurde verhindert
Die Situation im März und April sei angesichts exponentiell wachsender Infektionszahlen unkalkulierbar gewesen, betonte Jung. Im Rückblick sei mit Blick auf die Anti-Corona-Maßnahmen in Deutschland festzustellen: "Es ist uns gelungen, eine Katastrophe zu verhindern." In anderen Ländern wie etwa Italien habe es weitaus dramatischere Entwicklungen gegeben.
Am schärfsten zum Verhalten der Kirchen während der Corona-Pandemie hatte sich die frühere thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) geäußert. Sie warf den Kirchen "Versagen" vor, weil sie "Hunderttausende Menschen" allein gelassen habe, etwa Kranke, Einsame, Alte und Sterbende. Auch der Benediktinerpater und Beststellerautor Anselm Grün hatte das Verhalten der Kirche in der Corona-Krise kritisiert. "Ein großes Problem der Krise ist gewesen, dass viele Menschen einsam gestorben sind und nicht begleitet werden konnten", sagte Grün Mitte Juli.