Französischer Bischof schreibt Brief an Macron

Aus der Corona-Krise Lehren ziehen

Im Zuge der Lockerungen der Corona-Maßnahmen knirschte es zwischen Regierung und Kirche in Frankreich. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hat nun zur Feder gegriffen, um den Dialog mit dem Präsidenten zu pflegen.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Emmanuel Macron besucht eine Grundschule / © Ian Langsdon (dpa)
Emmanuel Macron besucht eine Grundschule / © Ian Langsdon ( dpa )

Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Eric de Moulins-Beaufort, mahnt mehr Menschlichkeit als Lehre aus der Corona-Krise an.

In einem 60 Seiten langen Brief an Staatspräsident Emmanuel Macron, der am Mittwoch in Buchform veröffentlicht wurde, schreibt der Erzbischof von Reims, die sozialen Spannungen der vergangenen Jahre hätten gezeigt, wie wichtig der gesellschaftliche Zusammenhalt in Frankreich sei.

Im Interesse des Gemeinwohls eng zusammenarbeiten

Staat und Kirche müssten im Interesse des Gemeinwohls eng zusammenarbeiten. Dabei sprach er auch jüngste Dissonanzen um die Wiederaufnahme von öffentlichen Gottesdiensten im Zuge der Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen an.

De Moulins-Beaufort betonte, Gemeinwohl sei mehr als die Summe von Infrastruktur und öffentlichen Dienstleistungen wie Schul- und Gesundheitswesen, Straßenbau, Strom- und Wasserversorgung.

Es gehe darum, wie alle Teile der Gesellschaft in Gemeinschaft voneinander profitieren könnten. Dieser Gedanke wurzele zutiefst in der Idee des Christentums. "Die soziale Gemeinschaft kann nicht die Bedürfnisse eines jeden voll abdecken, aber sie kann jedem helfen, an seinen eigenen Beitrag und seine Rolle zu glauben, trotz seiner Schwächen und Beschwernisse", so der Erzbischof.

Mit Blick auf die Corona-Pandemie schreibt er, der Lockdown habe einen Kreislauf permanenter Beschleunigung unterbrochen. Viele Menschen hätten erstmals wieder Vögel singen hören können und "das Ankommen des Frühlings beobachten wie niemals zuvor in ihrem Leben".

"Echte Sonntagsruhe"

Nun gelte es, solche Erfahrungen dauerhaft fruchtbar zu machen. Dafür schlägt der Bischofskonferenz-Vorsitzende etwa die Einführung und Durchsetzung einer "echten Sonntagsruhe" für alle Arbeitnehmer im Land vor, zumindest einmal pro Monat.

In Hinblick auf die Opfer und Hinterbliebenen der Epidemie mahnt de Moulins-Beaufort mehr staatliche Investitionen für Senioren und in "würdige Unterkünfte für alle" an. "Das Modell zwischenmenschlicher Beziehungen dürfen weder Auseinandersetzung noch Wettbewerb oder Handel sein. Es muss die Gastfreundschaft sein."

Dazu gehöre, dass jeder Mensch etwas habe, wo er den anderen aufnehmen könne. Für die Kirche betont der Episkopatsvorsitzende, es gehe ihm mit diesem Schreiben nicht um Forderungen an den Staat, sondern um einen Appell zum gemeinsamen Einsatz für das Wohl aller.

"Ehrlicher Meinungsaustausch"

Der Brief von de Moulins-Beaufort greift eine Initiative Macrons auf, der im April 2018 einen Neuaufbruch im Dialog zwischen französischem Staat und katholischer Kirche angestoßen hatte. Im Pariser College des Bernardins hatte er in einer Rede vor Repräsentanten von Kirche, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur die Kirche aufgerufen, weiter Präsenz in öffentlichen Debatten zu zeigen. Sie habe drei besondere Gaben einzubringen: "die Gabe ihrer Weisheit, die Gabe ihres Einsatzes und die Gabe ihrer Freiheit".

Eine Kirche, die sich nicht mit aktuellen Fragen auseinandersetze, verfehle ihren Auftrag, so Macron damals. Notwendig sei ein "ehrlicher Meinungsaustausch", der unterschiedliche Sichtweisen nicht einebne, zugleich aber Verständnis für die jeweils andere Seite zeige. "Die Republik erwartet viel von ihnen", sagte der Präsident in Richtung der Kirchenvertreter.


Eric de Moulins-Beaufort  / © Bruno Levy (KNA)
Eric de Moulins-Beaufort / © Bruno Levy ( KNA )
Quelle:
KNA