Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat das Urteil des Bundesgerichtshofs zu künstlicher Ernährung und Arzthaftung begrüßt. "Es entspricht unserem christlichen Menschenbild, dass das menschliche Leben, egal in welcher Verfassung, egal, ob es schwach, krank oder verlassen ist, niemals als Schaden angesehen werden kann", erklärte Pressesprecher Matthias Kopp am Mittwoch in Bonn. "Insofern können wir es nur begrüßen, dass der Bundesgerichtshof dies in dem konkreten Fall auch noch einmal für unsere Rechtsordnung festgestellt hat."
Der Bundesgerichtshof lehnte Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen einen Arzt ab, dem Leidensverlängerung durch künstliche Ernährung vorgeworfen wurde. Das menschliche Leben sei ein höchstrangiges Rechtsgut. Keinem Dritten stehe ein Urteil über den Wert des Lebens zu, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Urteil des Sechsten Zivilsenats. Die Vorsitzende des Senats, Vera von Pentz, betonte, auch ein mit Leid verbundenes Leben sei kein Schaden. Der Stellenwert von Patientenverfügungen wird durch diese Entscheidung allerdings nicht relativiert.
Der Mann unterlag in letzter Instanz
Im konkreten Fall litt der 1929 geborene Vater des Klägers an Demenz. Zudem war er bewegungs- und kommunikationsunfähig. In den letzten Lebensjahren kamen eine Lungen- und eine Gallenblasenentzündung hinzu. Von 2006 bis zum Tod 2011 wurde er künstlich ernährt. Ein Rechtsanwalt hatte den Vater betreut, der zuvor keine Patientenverfügung verfasst hatte und dessen mutmaßlicher Wille zu lebensverlängernden Maßnahmen nicht festgestellt werden konnte.
Der Sohn wollte nun geltend machen, der Arzt sei verpflichtet gewesen, das Sterben des Vaters zuzulassen. Der Sohn forderte Schmerzensgeld und wollte Behandlungs- und Pflegeaufwendungen erstattet bekommen. Das Oberlandesgericht München hatte ihm ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro zugesprochen, aber keinen Schadenersatz für Behandlung und Pflege. Dagegen legten beide Parteien, also der Sohn und der Arzt, Revision ein. Nun lehnte der BGH auch den Anspruch auf Schmerzensgeld ab.