Eine von der Regierung Kanadas eingesetzte Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) fordert seit Jahren eine Entschuldigung des Papstes auf kanadischem Boden.
Franziskus habe schon oft über die Not der indigenen Völker gesprochen und sich auch nicht gescheut, erlittenes Unrecht anzuerkennen und sein Bedauern über Fehler der Vergangenheit auszudrücken, so Gendron. Was die Forderung der TRC anbelange, sei der Papst jedoch nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss gelangt, dass er nicht persönlich antworten könne. Er habe stattdessen die Bischöfe Kanadas ermutigt, die Versöhnungsarbeit weiter voranzutreiben. Gendron stellte in Aussicht, dass ein Papstbesuch in Kanada erwogen werden könnte, der "alle Umstände berücksichtigt".
Dabei, so der Bischof von Saint-Jean-Longueuil, käme einer Begegnung mit den indigenen Völkern "oberste Priorität" zu.
150.000 Kinder von "Zivilisierungsauftrag" betroffen
Hintergrund des Konflikts sind die landesweit etwa 3.000 "Residential Schools", die zwischen 1830 und 1966 ausschließlich für Kinder der Ureinwohner vom Staat finanziert, überwiegend aber von verschiedenen Religionsgemeinschaften betrieben wurden. Allein die katholische Kirche war seinerzeit für 60 Prozent dieser Internate zuständig. Der "Zivilisierungsauftrag" der Einrichtungen war es, die Kinder der Indigenen räumlich wie sozial von ihren Eltern fernzuhalten und ihrer eigenen Kultur zu entfremden - also sie zu assimilieren. Die Bildungs- und Erziehungsprogramme beinhalteten auch die Anwendung von Gewalt. Opfer dieses Systems sollen mindestens 150.000 Kinder geworden sein.
Nach ersten Reformen ab Mitte der 1960er Jahre kam erst 1990 das ganze Ausmaß der Missstände an die Öffentlichkeit und vor die Justiz. Eine Sonderkommission der Regierung begann mit der Aufarbeitung; das Ministerium für Indigenen-Angelegenheiten entschuldigte sich 1998 bei den ehemaligen, häufig traumatisierten Schülern. Es wurden erste Entschädigungen gezahlt. Der Staat sprach 2008 eine Entschuldigung aus; Kanadas katholische Kirche tat dies 2009.