Rechtsexperten in den USA haben das Urteil des Obersten Gerichts zur Rechtmäßigkeit von Hinrichtungen durch die Giftspritze als unscharf kritisiert. Das Urteil werde zu neuen Klagen führen, erklärte Clarence Thomas, einer der konservativsten Obersten Richter, am Mittwoch in Washington. Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" forderte die US-Bundesstaaten mit Todesstrafe auf, keine neuen Hinrichtungen anzusetzen.
Das Oberste US-Gericht hatte Hinrichtungen mit der Giftspritze für zulässig erklärt. Es wird erwartet, dass in US-Bundesstaaten mit Todesstrafe nun lange aufgeschobene Hinrichtungen vollzogen werden. Wegen des Rechtsstreits um die Giftspritze ist in den USA seit September 2007 niemand mehr hingerichtet worden.
Mit sieben zu zwei Stimmen hatte das Gericht die Klage zweier Todeshäftlinge aus dem US-Bundesstaat Kentucky abgewiesen. Sie argumentierten, dass die Giftspritze große Schmerzen zufüge und daher gegen das Verfassungsverbot der "grausamen und ungewöhnlichen" Strafe verstoße. Nach Auffassung der Richter konnten die Kläger aber nicht beweisen, dass die Methode große Schmerzen verursacht. Daher sei die Giftspritzenhinrichtung zulässig in Kentucky und weiteren Bundesstaaten, die "im wesentlichen so hinrichten" wie Kentucky. Die Juraprofessorin Deborah Denno (Fordham Universität) erklärte dazu in der "New York Times", sie wisse nicht, wie man dieses "im wesentlichen" definiere.
Johannes Paul II. über Todesstrafe: Grausam und unnötig
In den USA werden fast alle Hinrichtungen mit der Giftspritze vollzogen. Dabei wird den Verurteilten zunächst ein Narkosemittel verabreicht, dann die muskellähmende Droge Pancuroniumbromid und schließlich ein Herzstillstandsmittel. In einigen Fällen, in denen das Betäubungsmittel nicht ausreichend gewirkt hatte, war es zu qualvollen Todeskämpfen gekommen. In den USA sitzen mehr als 3.200 zum Tode Verurteilte in den Gefängnissen.
Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" appellierte an die 36 US-Bundesstaaten mit der Todesstrafe, keine neuen Hinrichtungen anzusetzen. Todesstrafenstaaten müssten internationaler Rechtssprechung zufolge "so human wie möglich" hinrichten. Gegenwärtige Hinrichtungsmethoden kämen dieser Verpflichtung nicht nach. Ein Vertreter des kalifornischen Justizministeriums erklärte in der "Los Angeles Times", in Kalifornien sei bald mit einer Hinrichtung pro Monat zu rechnen.
Das Urteil des Obersten Gerichts erfolgte am zweiten Tage der USA-Reise von Papst Benedikt XVI. Dessen Vorgänger Johannes Paul II hatte die amerikanische Todesstrafe als "grausam und unnötig" verurteilt. Fünf der neun Obersten Richter sind Katholiken.
Kritik nach US-Richterspruch zur Hinrichtung
Not amused
Alles andere als "amused" dürfte Papst Benedikt XVI. über ein Urteil der obersten US-Richter sein. Die beurteilten die so umstrittenen Hinrichtungen durch die Giftspritze als rechtsmäßig. Nicht nur die Kirche lehnt die Todesstrafe ab - auch Rechtsexperten und Menschenrechtler rechnen damit, dass das letzte Wort in der Frage noch nicht gesprochen ist.
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