Appell der Kirchen in den USA gegen drohende Sozialkürzungen

"Nicht zu Lasten der Ärmsten"

Sollten sich Republikaner und die Regierung Obama in der Kreditfrage nicht einigen, droht den USA ein regides Sparprogramm. Von den Kürzungen wären dann vor allem die Ärmsten im Land betroffen. Kirchenvertreter protestieren schon jetzt.

 (DR)

Mehr als 5.000 US-amerikanische katholische, protestantische und jüdische Geistliche sowie Ordensobere haben an Präsident Barack Obama und den Kongress appelliert, im Konflikt um die Anhebung der zulässigen Staatsverschuldungsgrenze nicht Kompromisse zu Lasten der Ärmsten zu schließen. Konkret geht es um für Arme überlebenswichtige Sozialprogramme wie SNAP (Essensmarken), WIC (Kinderhilfe), Medicaid (Gesundheit) und Head Start (Familienförderung).



Die vom Jesuitenorden herausgegebene Zeitschrift "America" veröffentlichte am Montag einen entsprechenden Appell mit katholischen Unterzeichnern. Zuvor hatte bereits die protestantische Zeitschrift "Sojouners" eine Liste mit Tausenden Unterschriften öffentlich gemacht. Die Initiative trägt den Titel "Circle of Protection" (Schutzring).



Unterstützt wird der Appell von der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der US-Bischofskonferenz. Deren Vorsitzender, Bischof Howard Hubbard von Albany/Bundesstaat New York, betonte, "moralisch angemessene" Maßnahmen zur Verringerung von Defizit und Verschuldung seien notwendig; sie dürften aber nicht zu Lasten der Ärmsten gehen. Hubbard erinnerte auch an die Verpflichtung der USA zur Unterstützung der Armen in den Krisen- und Katastrophenregionen der Erde.



Entscheidung Anfang August

Seit Wochen ringen die Parteien im Kongress in Washington um einen Weg, bis 2. August den Kreditrahmen des Landes zu erhöhen und gleichzeitig ein Sparprogramm auflegen zu können. Wie die "Washington Post" (Montag) berichtet, werben die Parteiführer in ihren Reihen um Unterstützung für einen überparteilichen Vorschlag. Dieser würde Obama erlauben, die Schuldengrenze anzuheben und zudem Einsparungen von 1,5 Billionen Dollar (Tageskurs: rund 1,06 Billionen Euro) in den kommenden zehn Jahren anzugehen.



Eine von Obama vorgeschlagene Defizitkürzung um 4 Billionen Dollar (2,8 Billionen Euro) in den kommenden zehn Jahren scheint unterdessen in weite Ferne gerückt. Der Präsident wollte diese Einsparungen auch mit Steuererhöhungen für Reiche ermöglichen. Die stark von der rechtskonservativen "Tea Party"-Fraktion durchsetzte Mehrheit der Republikaner lehnt Steuererhöhungen für Reiche kategorisch ab. Sie fordern stattdessen tiefe Einschnitte bei den Sozialleistungen.



Die derzeit favorisierte Kompromisslösung würde Obama erlauben, die Schuldengrenze bis Ende 2012 in drei Schritten um 2,5 Billionen Dollar (1,77 Billionen Euro) zu erhöhen, wenn er gleichzeitig neue Einsparungen ankündigt. Die Schuldengrenze liegt derzeit bei 14,3 Billionen Dollar (10,1 Billionen Euro). Ohne neuen Spielraum ginge den USA am 2. August das Geld aus.