Im Heimatort von Erzbischof Marx herrscht Ausnahmezustand

Ganz Geseke wird Kardinal

Am Wochenende wird ganz Geseke Kardinal. Geseke? Die westfälische Kleinstadt bei Paderborn hat rund 20.000 Einwohner - und alle haben derzeit nur eins im Kopf: Die Kardinalserhebung des Münchner Erzbischofs Reinhard Marx. domradio.de überträgt am Wochenende live.

Autor/in:
Inga Kilian
 (DR)

Denn: "Der Reinhard, das ist ein Geseker Junge", sagt Heinz-Josef Dieregsweiler, Geschäftsführer der örtlichen Sankt-Sebastianus-Schützenbruderschaft von 1412. In der Tat: Vor 57 Jahren wurde Reinhard Marx in dem kleinen Städtchen geboren. Hier ging er zur Schule, hier machte er Abitur und legte den Grundstein für seine heutige Karriere. Marx wurde in der Gemeinde nicht nur Obermessdiener, er trat auch dem Geseker Schützenverein Sankt-Sebastianus bei. Ministrieren tut er längst nicht mehr, dem Schützenverein ist er allerdings treu geblieben.



"Der Reinhard ist Sebastianer wie wir", betont Dieregsweiler. "Hier ist er nicht Bischof oder Kardinal, hier ist er einer von uns." Dabei spiele das Fachliche keine allzu große Rolle. Klar wisse man, dass Marx als konservativ gelte. "Aber wenn er nicht auf Papstlinie wäre, würde er auch nicht zum Kardinal ernannt", sieht es Dieregsweiler pragmatisch. Und überhaupt - die Kardinalserhebung erlebten die Geseker ganz einfach als eine "Herzensangelegenheit".



Bürgermeister reist nach Rom

Das gilt auch für den Geseker Bürgermeister Franz Holtgrewe. Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, dass er nach Rom reist, um dabei zu sein, wenn Papst Benedikt XVI. Reinhard Marx das rote Kardinalsbirett überreicht. Der erste Bürger der Stadt will nicht nur die Verbundenheit Gesekes mit ihrem Ehrenbürger demonstrieren, sondern auch seine persönliche Wertschätzung. Schließlich kennt er Reinhard Marx schon aus Jugendzeiten. "Zwei meiner drei Kinder hat Reinhard getauft", berichtet Holtgrewe. Ganz Geseke sei stolz darauf, dass ihrem ehemaligen Mitbürger eine solche Karriere gelungen sei. "Die Bewunderung ist groß", so der Bürgermeister.



Keine Frage also, dass die Geseker sich die Kardinalserhebung am Samstag nicht entgehen lassen wollen. Die Zeremonie können sie live im Bayerischen Fernsehen verfolgen. Einigen Bürgern reicht das nicht. An Bord einer Sondermaschine machen sie sich auf den Weg nach Rom. "Wir fliegen mit 130 Leuten", berichtet Dieregsweiler. Vor allem für die Schützen sei es eine Ehre, Erzbischof Marx begleiten zu dürfen, "selbstverständlich standesgemäß in Frack und weißer Hose". Gemeinsam mit den bayerischen Gebirgsschützen werden sie in Rom für Reinhard Marx Spalier stehen. Auch ein Geschenk haben sie für ihren Schützenbruder im Gepäck. Nach seiner Kardinalserhebung wollen sie ihm einen neuen Petzel - so nennen die Schützenbrüder ihre barettartige Kopfbedeckung - überreichen, allerdings nicht im schützenüblichen grün, sondern in Kardinalspurpur.



"Der Reinhard" hat Talente

Dass Marx seine Sache als Kardinal gut machen wird, davon sind die Geseker überzeugt. Allen voran Heinrich Wienken, Pastor im Ruhestand und frühester theologischer Begleiter des künftigen Kardinals. "Ich habe zu ihm gesagt: Reinhard, du bist zum Pastor, Bischof und Kardinal berufen", sagt der Heimatpfarrer. "Der Reinhard" habe Talente in allen Bereichen, ein richtiger "Allrounder" sei er, so der 88-jährige Geistliche. Und trotzdem sei Marx ganz bodenständig geblieben. Erst kürzlich sei er im Pflegezentrum, in dem Wienken lebt, vorbeigekommen und habe ihm die Krankensalbung gespendet, erzählt der Pastor. Am Wochenende wird Wienken fest an ihn denken und "für ihn natürlich beten".



Das Zeug, da sind sich alle einig, hätte Marx nicht nur zum Kardinal, sondern auch zum Papst. Zwar hält der Schütze Dieregsweiler es für unwahrscheinlich, dass nach Benedikt XVI. erneut ein Deutscher auf den Heiligen Stuhl gewählt wird. Aber für den Fall der Fälle stünde eines bereits fest: "Dann würde der Reinhard die Schweizergarde abschaffen und stattdessen würden wir Sebastianer im Vatikan Wache stehen."



Hinweis: Das Konsistorium überträgt domradio.de live in Bild und Ton am Samstag ab 10.30 Uhr und am Sonntag ab 9.30 Uhr.