Kirchenkritik in Frankreich und Rumänien an Sarkozy

Weitere Roma-Abschiebungen

Frankreich setzt die Abschiebungen von Roma nach Rumänien fort. Laut Rundfunkberichteten starteten am Donnerstag zwei Flugzeuge mit zusammen mehr als 250 Roma auf den Flughäfen in Paris und Lyon, darunter auch Frauen und Kinder. Die französische und rumänische katholische Kirche verstärkt ihre Kritik an dem Vorgehen.

 (DR)

Die kirchliche Kritik an den Räumungen illegaler Roma-Lager und den Abschiebungen dauert an. Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Kardinal Andre Vingt-Trois, kritisierte, es habe sich ein ungesundes gesellschaftliches Klima entwickelt. Im Rundfunksender "Europe 1" sagte Vingt-Trois am Donnerstag, es gebe eine Art Wettbewerb, wer die größte Sicherheit verspreche und wer die höchsten moralischen Ansprüche habe. In einer zivilisierten Gesellschaft müssten solche Debatten gelassener ausgetragen werden, so der Kardinal.



Zwar sei Frankreich nicht verpflichtet, alle Roma aufzunehmen, räumte Vingt-Trois ein. Allerdings müssten sämtliche Maßnahmen, die ihnen gegenüber ergriffen würden, mit Rechtsstaat und Menschenwürde im Einklang stehen. Er wolle Innenminister Brice Hortefeux bei einem bevorstehenden Gespräch sagen, "dass bestimmte Grenzen nicht überschritten werden dürfen".





Rumänische Kirche: Abschiebungen keine Lösung



Auch die katholische Kirche in Rumänien hat das harte Vorgehen Frankreichs gegenüber den Roma kritisiert. "Die Ausweisung der Roma ist keine Lösung", erklärte Bischof Petru Gherghel, in der Rumänischen Bischofskonferenz zuständig für Migrationsfragen. Eine solche Politik laufe Gefahr, dass den Roma überhaupt keine Staatsangehörigkeit mehr zuerkannt werde und sie "von einem Ort zum anderen verjagt" würden, so Gherghel in einer Stellungnahme, die der italienische bischöfliche Pressedienst SIR am Donnerstag zitierte.



Einwanderungsprobleme müssten gemeinsam gelöst werden, betonte Gherghel. Die betreffenden Regierungen rief er auf, für eine bessere Integration der Roma zu sorgen. In der Kirche und der Gesellschaft müssten alle Platz haben. "Jeder Mensch hat die gleiche Würde und die gleichen Rechte, und niemand darf ausgeschlossen werden", so der Bischof.





Französisch-Rumänisches Treffen



Unterdessen trafen französische Regierungsmitglieder mit rumänischen Amtskollegen zu Gesprächen über den Umgang mit den Roma zusammen. Dabei habe es keine Vorwürfe Rumäniens gegen Frankreich gegeben, erklärte Einwanderungsminister Eric Besson nach der Begegnung am Mittwochabend. Beide Seiten seien sich einig, dass die bilaterale Migration besser geregelt werden und mehr für die Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen unternommen werden müsse.



Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage stehen die Franzosen den Räumungen illegaler Roma-Lager und den Abschiebungen in ihre Heimatländer gespalten gegenüber. 28 Prozent befürworteten die Ausweisungen, 42 Prozent seien dagegen, schrieb die Zeitung "Le Parisien" unter Berufung auf die von ihr in Auftrag gegebene Befragung.



Europäisches Problem

In Brüssel verlangte der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz (SPD), eine Verurteilung des französischen Vorgehens durch EU-Kommission und EU-Ministerrat. Frankreich habe EU-Recht gebrochen. Die Behandlung der Roma durch die französischen Behörden sei erschreckend und dürfe nicht folgenlos bleiben. EU-Justizkommissarin Viviane Reding will in der kommenden Woche eine politische und rechtliche Analyse zu den Vorgängen vorlegen.



Sprecher der EU-Kommission bestätigten unterdessen, EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström habe eine Einladung zu einer Begegnung von mehreren EU-Innenministern am 6. September in Paris erhalten. Einwanderungsminister Eric Besson habe aber zugleich betont, bei der Begegnung solle es nicht um bestimmte Bevölkerungsgruppen gehen. Ob Malmström teilnehme, stehe noch nicht fest. Reding hatte am Vortag Paris aufgerufen, Diskussionen über den Umgang mit den Roma mit allen EU-Staaten zu führen.

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