Schwarz-Gelb macht bei der Reform der Entwicklungsorganisationen Tempo

Kleine Lösung statt großer Wurf

Bundeskanzlerin Angela Merkel will ihre zweite Amtszeit unter das Motto "Freiheit in Verantwortung" stellen, kündigte sie am Dienstag in ihrer ersten Regierungserklärung vor dem neuen Bundestag an. Am 28. Oktober hatte die christlich-liberale "Koalition der Mitte" ihre Arbeit aufgenommen. Mit der Reform der staatlichen Entwicklungshilfeorganisationen will sie nun Ernst machen.

Autor/in:
Elvira Treffinger
 (DR)

Schon im ersten Regierungsjahr sollen Entscheidungen fallen, heißt es im Koalitionsvertrag. Ziel ist vor allem, Doppelstrukturen zu beseitigen. Dafür sollen "Schlagkraft", "Wirksamkeit" und "Zielgenauigkeit" der deutschen Entwicklungspolitik steigen. Quer über die Parteigrenzen gibt es Konsens, dass sich die Strukturen ändern sollen. Aber es gibt auch Widerstände.

Die frühere Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) scheiterte mit dem Plan, die beiden wichtigsten Institutionen - die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und die KfW Entwicklungsbank - zusammenzuführen. Für das Misslingen machte Wieczorek-Zeul zuletzt vor allem den damaligen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verantwortlich. Die neue Regierung mit Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) will einen anderen Weg einschlagen, bei dem die KfW erst einmal außen vor bleibt.

In einem ersten Schritt sollen vielmehr die GTZ, der Deutsche Entwicklungsdienst (DED), die Weiterbildungsagentur Inwent und die Fachkräfte-Vermittlung CIM zusammengeführt werden. Diese Organisationen werden zur technischen Entwicklungszusammenarbeit gezählt. Dabei geht es im wesentlichen um Beratung, Experten-Einsatz und Bildung. Die Vergabe von Förderkrediten und Zuschüssen, wie die KfW sie betreibt, läuft unter dem Titel finanzielle Zusammenarbeit.

"Die Reform der Durchführungsstrukturen soll mit der Zusammenführung der Organisationen der Technischen Zusammenarbeit (TZ) beginnen und mit Mechanismen zur besseren Verknüpfung von technischer und finanzieller Zusammenarbeit verbunden werden", heißt es im Koalitionsvertrag. Damit greift Schwarz-Gelb einen Vorschlag des Bundesrechnungshofes von 2007 auf, der damals ein Gutachten zur Reform der Entwicklungsorganisationen erstellte.

"Eine vernünftige und klare Regelung finden"
Der Rechnungshof sah vor allem banken- und steuerrechtliche Hindernisse bei einer Fusion von GTZ und KfW Entwicklungsbank. Zudem verweigerte sich die GTZ-Geschäftsführung einer Zusammenlegung mit der KfW, die als Bankengruppe wohl der stärkere Partner wäre.

Erst einmal die "kleine Lösung" zu schaffen, könnte daher Vorteile haben, meinen die Entwicklungsexperten von Union und FDP im Bundestag, Christian Ruck und Hellmut Königshaus, die den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt haben. Für die Zusammenführung von GTZ, DED, Inwent und CIM sei man im übrigen noch nicht auf ein bestimmtes Modell festgelegt, sagte der CSU-Politiker Ruck dem epd.
Er kann sich zum Beispiel eine Holding vorstellen. Ziel bleibt für ihn aber eine Zusammenführung auch mit der KfW: "Das ist nicht vom Tisch."

Für Königshaus bietet der Koalitionsvertrag der Regierung nun die Möglichkeit, "eine vernünftige und klare Regelung zu finden". Die Verknüpfung zwischen GTZ und KfW sei bewusst noch offengelassen worden, um die bankenrechtlichen Probleme genauer zu prüfen.

Kritik der Opposition
In der Opposition sieht man das anders: Der Bundestagsabgeordnete Thilo Hoppe (Grüne) hält der Regierung vor, zu kapitulieren. Der jetzt eingeschlagene Weg bedeute leider nur "Kleinklein", zur Zusammenführung von KfW und GTZ werde es dann nicht mehr kommen.

Richtig empört ist der Entwicklungsexperte Franz Nuscheler, der sich seit Jahren für eine "Entwicklungszusammenarbeit aus einem Guss" und die Zusammenführung der wichtigsten Werke zu einer "Deutschen Entwicklungsagentur" einsetzt. "Es bleibt alles beim Alten", bedauert der emeritierte Politologe, der von 1990 bis 2006 das Institut für Entwicklung und Frieden an der Universität Duisburg leitete.

In der GTZ und der KfW Entwicklungsbank geht man offenbar ebenfalls davon aus, dass eine Fusion zwischen beiden Organisationen auf absehbare Zeit kein Thema ist. Offizielle Kommentare gibt es kaum. Einer der wenigen kommt von Inwent-Geschäftsführer Bernd Schleich. Er begrüßt ein Zusammengehen mit der GTZ. Grundlage müsse ein Dialogprozess sein, sagt er.

Seine Organisation Inwent, die Fach- und Führungskräfte aus Entwicklungsländern weiterbildet, gehe selbstbewusst in einen Reform- und Fusionsprozess: "Bildung ist das Zukunftsthema." Angst vor einer Dominanz durch die GTZ gebe es nicht, sagt Schleich. Im Gegenteil: "Ich glaube, dass sich das ideal ergänzt."