Zentralrat sieht Verbleib von Rabbiner Homolka in Ämtern als undenkbar an

Josef Schuster / © Paul Zinken (dpa)
Josef Schuster / © Paul Zinken ( dpa )

Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert nach ersten Ergebnissen eines von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens eine Abberufung des bekannten Rabbiners Walter Homolka aus seinen bisherigen Ämtern. Die Vorwürfe unter anderem des Machtmissbrauchs und der Diskriminierung an der liberalen Rabbiner-Ausbildungsstätte Abraham-Geiger-Kolleg hätten sich laut der vorläufigen "Executive Summary" der Kanzlei Gercke Wollschläger bestätigt, erklärte der Zentralrat am Mittwoch. Kolleg-Gründer Homolka bestreitet dagegen weiterhin alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe und will juristisch dagegen vorgehen.

Nach Auffassung der Gutachter sei gegenüber Homolka bei mehreren Delikten, unter anderem Nötigung und Vorteilsannahme, mindestens der Anfangsverdacht einer Straftat gegeben, so der Zentralrat weiter. Zu den Erkenntnissen der Gutachter betonte Zentralrats-Präsident Josef Schuster, ein Verbleib von Homolka in seinen bisherigen Ämtern sei "mit diesem Ergebnis nicht mehr denkbar".

Am Abraham-Geiger-Kolleg habe laut den Ergebnissen der Kanzlei eine in der Struktur angelegte "Kultur der Angst" geherrscht, betonte Schuster weiter. Das laut den Gutachtern festzustellende persönliche Fehlverhalten Homolkas, die von ihm angehäuften Ämter und die Schaffung von Abhängigkeiten zusammen mit strukturellen Ursachen hätten ein Umfeld geschaffen, "das den hohen moralischen und ethischen Standards einer Rabbinerausbildung nicht gerecht wird".

Mit Blick auf die Ausbildung von Rabbinerinnen und Rabbinern erklärte Schuster: "Wir brauchen rasch einen klaren Schnitt zu der bisherigen Struktur und einen umfassenden Neuanfang." Der kürzlich vorgelegte Vorschlag zur Gründung einer Ausbildungsstiftung stehe jedoch "in seiner Undurchsichtigkeit in Kontinuität zu der bisherigen Struktur" und sei "nicht geeignet, das Problem in den Griff zu bekommen", kritisierte Schuster. Bis das Abraham-Geiger-Kolleg strukturell "neu aufgestellt" sei, solle die Ausbildung in der bisherigen Form weitergeführt werden, um die Kontinuität der Rabbinerausbildung in Deutschland sicherzustellen.

Nach Einschätzung der am Mittwoch veröffentlichten Gutachter-Ergebnisse liegen gegen Homolka 23 Verdachtsfälle von Fehlverhalten vor. Hierbei handele es sich bei 9 Vorwürfen um "mindestens den Anfangsverdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit", etwa in Bezug auf mögliche Vorteilsannahme, Nötigung und Beleidigung. (KNA, 7.12.2022)